
Was spart CO2?
Knapp 800 Millionen Tonnen CO2 wurden in Deutschland 2011 emittiert. Zu viel, um die ehrgeizigen Ziele der Bundesregierung zu erreichen. So wie bisher geht es nicht weiter. Aber wie dann? Antworten geben der 2010 mit dem alternative Nobelpreis ausgezeichnete Nnimmo Bassey, der Professor für Gebäudetechnik, Bert Oschatz und Ferdinand Dudenhöffer, Automobil-Experte.

Regulierung als Innovationsmotor: Menschliches Verständnis bringt die Einsparungen auf die Straße“
Drei Dinge sparen CO2: Erstens die Produkt- und Produktionstechnik, zweitens Regulierungen und gesetzliche Vorgaben, wie die Kraftstoffbesteuerung oder CO2 -Vorgaben für Neuwagen, und drittens das Verständnis und Verhalten der Menschen. Die beste Technik bringt wenig, wenn der Fahrstil des Einzelnen nur die beiden Zustände Bleifuß und Vollbremsung kennt. Unser Kopf und damit unser Umweltbewusstsein prägen den CO2-Verbrauch. Regulierende Vorgaben, wie die Kraftstoffbesteuerung, die in großen Teilen Europas etwa aus unerfindlichen Gründen Dieselkraftstoff deutlich geringer besteuert als etwa Ottokraftstoff, führt dazu, dass Innovationen wie Hybridsysteme wenig in der Entwicklung beachtet und sämtliche Budgets auf Dieselmotoren gesetzt werden. Die falschen Regulierungssignale blockieren CO2-sparende Technik. Man könnte auch sagen, der politische Preis für CO2 ist zu niedrig angesetzt. Und dann natürlich die Grundla- ge aller Einsparungen – unsere Produktund Produktionstechnik.

Das Dilemma der Energiewende
Wer CO2 sparen will, denkt zuerst an den Umstieg auf erneuerbare Energie bei der Stromerzeugung. Der ist aber nur ein Aspekt der Energiewende. In Deutschland ist der Gebäudebereich mit 40 Prozent am Energiekonsum beteiligt. Das Einsparpotential ist immens. Etwa 90 Prozent der Heizungsanlagen in Deutschland entsprechen nicht dem Stand der Technik. Sie sind mitunter mehr als 40 Jahre im Einsatz. Wer seine bestehende durch eine moderne Anlage ersetzt, etwa Gasbrennwerttechnik in Verbindung mit Solarthermie, senkt seinen Energieverbrauch um 25 bis 40 Prozent. Diese Maßnahme ist auch wirtschaftlich, je nach Objekt dauert es drei bis acht Jahre, bis sich eine neue Anlage refinanziert hat. Derzeit können die Fördermaßnahmen die finanziellen Mehraufwände für die In- stallation innovativer Technologien nicht kompensieren. Hier wird das Dilemma der Energiewende deutlich: Jeder will CO2-sparende Technologien, doch dafür zahlen wollen nur die wenigsten. Jetzt steht die Bundesregierung in der Verantwortung und muss beweisen, dass sie ihr Energiekonzept umsetzen will. Denn bisher ist es ihr nicht gelungen, wirksame Anreize für eine flächen deckende Sanierung im Gebäude- und Gebäudetechnikbereich zu schaffen. Um diese zu erreichen, muss sie die neuen Technologien fördern und die Bürger über die Vorteile einer Anlagensanierung informieren. Denn mit vergleichsweise geringen Investitionen können große Potentiale erschlossen werden.

Feuer und Flamme: „Durch das Abfackeln wird Gas im Wert von mehreren Milliarden Euro verschwendet.“
Ein weltweiter Stopp des Abfackelns von Gas würde mehr CO2 -Emissionen einsparen als das Kyoto-Protokoll vorsieht. Das Abfackeln von Gas wird von Ölfirmen benutzt, um Gas, das während der Ölförderung freigesetzt wird, zu verbrennen. Wenn dieses Gas gesammelt würde, könnte es von privaten Haushalten sowie der Industrie genutzt werden, so wie dies in Europa bereits geschieht. Jedes Jahr wird Gas von Ölunternehmen in der ganzen Welt abgefackelt und abgeblasen. Die Emissionen, die durch diesen Vorgang ausgestoßen werden, belaufen sich auf schätzungsweise 400 Millionen Tonnen CO2. Durch das Abfackeln wird Gas im Wert von mehreren Milliarden Euro verschwendet. Die Reduzierung des Abfackelns ist ein praktischer Schritt um die Erderwärmung abzubremsen. Nun hat die EU hat einen Entwurf vorgelegt, mit dem die Ölindustrie verpflichten werden soll die Abfackelung von Gas einzudämmen, um die CO2-Emissionen von Treibstoffen zu senken. Auch in Länder wie Nigeria, wo weltweit die zweitgrößten Mengen Gas abgefackelt werden, ist dies inzwischen illegal. Doch die Ölunternehmen zögern die Beendigung des Abfackelns hinaus. Sie nutzen in Ländern wie Nigeria die Schwäche des Staates aus, um sich über geltende Gesetze hinwegzuset- zen. In der EU treten dieselben Unternehmen dafür ein, die entsprechende Klimagesetzgebung zu blockieren.

Bis vor Kurzem schien es, als führen wir alle demnächst nur noch elektrisch – womit das weltweite CO2-Problem seitens des Autos gelöst sei. Inzwischen herrscht Ernüchterung: Die Antriebsbatterien bleiben auf absehbare Zeit sündhaft teuer, defektanfällig und erreichen in praxi nur Reichweiten von etwa 100 Kilometern. Überdies fährt man mit Elektroautos keineswegs CO2-frei, solange der Ladestrom aus der Dose zu 80% (D) aus fossilen Energien kommt (Kohle, Gas). Der Unterschied ist nur der, dass das CO2 beim Eletroauto aus dem Schornstein des Kraftwerkes kommt. Langfristig interessanter Energieträger ist Wasserstoff, der in einer bordeigenen Brennstoffzelle in Antriebstrom umgewandelt wird, wobei nur Wasser abfällt. Die elektrolytische Gewinnung von Wasserstoff braucht allerdings Unmengen an Strom. Daher ist Wasserstoff erst dann ökologisch sinnvoll, wenn der Elektrolysestrom allein aus regenativen Quellen kommt (Wind, Sonne, Meereskraft). Einstweilen beträgt deren Anteil am Strom-Mix in D gerade mal 20%. Deshalb führt kein Weg am Verbrennungsmotor vorbei – zumindest im vor uns liegenden Jahrzehnt. Frage ist nur: Welcher Verbrennungsmotor? Da die Menge des verbrannten Kraftstoffs mit der CO2-Emmission korreliert, müssen Autos möglichst sparsam werden. Das lässt sich z. B. durch Motor-„Downsizing“ erreichen, indem Hubraum und Zylinderzahl (und damit motorinterne Verluste) verringert werden, jedoch Turboaufladung für Leistung sorgt. Oder durch „Hybrid“-Technik, bei welcher der Verbrennungsmotor von einem Elektromotor unterstützt wird und so sparsamer ausgelegt bzw. streckenweise sogar abgeschaltet werden kann. Diese Techniken lassen sich sowohl bei Benzin- oder Gasmotoren, als auch bei Dieselmotoren anwenden. Der Dieselmotor hat allerdings einen prinzipbedingten Vorteil: Er verbraucht weniger, weil sich bei ihm der Kraftstoff im Brennraum von selbst entzündet. Dieses Selbstzünderprinzip nutzt die im Kraftstoff enthaltene Energie besser aus, als ein Ottomotor, bei dem es eine Zündkerze braucht, die das Gemisch erst „anzünden“ muss, damit es zur Explosion kommt, die den Kolben nach unten treibt. Deshalb verbrauchen Dieselmotoren rd. 30% weniger Kraftstoff und stoßen 25% weniger CO2 aus, als in der Leistung vergleichbare Ottomotoren (Die Prozentwerte sind nicht identisch, weil die Energiedichte von Dieselkraftstoff höher als die von Benzin ist). Entwicklungen wie Direkteinspritzung und Turboaufladung, die der Dieselmotor bereits hinter sich hat, kommen jetzt auch zunehmend bei Ottomotoren zum Tragen, sodass sich der Ver- brauchs- und CO2-Vorteil des Diesel auf rd. 25% bzw. 20% verkürzen könnte. Aber bei diesem Abstand wird es bleiben – einfach prinzipbedingt. Wer also zur Reduktion anthropogener CO2-Emissionen beitragen will, sollte einen Diesel fahren.

Ich bin bis jetzt noch nie mit dem Flugzeug geflogen. Das ist mein Beitrag zur Einsparung von CO2. Die interaktive Sendung \"ZDF-log in\" befasste sich mit dem selben Thema: \"Macht verzichten glücklicher?\". Zu Gast waren Udo Walz, der Starfrisör und Nico Paech, der mit seinem sparsamen und nachhaltigen Lebensstil den ökologischen Fußabdruck verringern möchte. Ich finde die Menschen, die mit dem Flugzeug fliegen, sollten dafür auch eine Abgabe leisten. Vergleichbar mit der Ökosteuer, die jeder Autofahrer bezahlen muss.

Auf das kleine Deutschland entfallen mal gerade 0,5% der weltweiten Emissionen an Kohlendioxid. Mit der Billion Euro, die uns jetzt der Aktionismus der Energiewendehälse kostet, hätte man das ganze Amazonasbecken retten können und Papua-Neuguinea noch dazu. Vielleicht auch noch Madaskar wieder aufgeforstet. Zur Erinnerung: Jedes Jahr wird in Brasilien Regenwald von der Flächengröße der alten BRD abgeholzt. Denkt endlich mal über den Tellerrand hinaus!

Ich stimme Herrn Dudenhöfer zu. Regulierung! Zwingen wir unsere Industrieunternehmen dazu, ihr Wissen und Können auch tatsächlich umzusetzen. Freiwillig tun sie es in der Regel nicht, es sei denn sie versprechen sich Marktvorteile. Beispiel Autoindustrie: Warum hat sich unsere Regierung einer schärferen Regelung bei den CO2 Emissionen verweigert? Wettbewerbsnachteile sind Lobbyistengeschwätz. Niemand braucht solche Dreckschleudern wie die Panzerartigen SUV`s im normalen Strassenverkehr. Zudem, mehr Stahlverbrauch bei der Produktion bedeutet schon hier unnötige Ressourcen- und Energieverschwendung. Hoher Verbrauch geht immer zu Lasten der Umwelt, ebenso wie zu hohe Geschwindigkeit. Warum kein Tempo 130 und obendrauf max 130g CO2-Ausstoß? Weg vom Benziner und Diesel, hin zum Gas als Übergang. Elektromotoren sind keine gute Lösung, solange auch nur 1 KW Strom mit fossilen Energieträgern erzeugt wird. Das ist widersinnig. Aus Primärenergie Sekundärenergie zu machen und dann unterwegs zum Endkunden das meiste davon zu verlieren. Solange die Brennstoffzelle noch nicht reif für Verbrennungsmotoren ist, heißt Sparen die Devise. Die Technik ist vorhanden, auch bei elektrischen Geräten. Weg mit langen Übergangsfristen. Verbot der Produktion von energiefressenden Geräten. Dann steigen die Stückzahlen für die bessere Technik und damit auch der Gewinn pro produzierter Einheit bei gleichzeitiger Möglichkeit, die Preise zu senken. Das erhöht den Anreiz, etwas Neues zu kaufen. Aber bitte keine Verschrottungsanreize, wie bei den Autos. Das war eine ökologisch gesehen katastrophale Entscheidung. Die Energiebilanz ist verheerend. Kein Altauto verbraucht bis zum Ende seiner Gebrauchsdauer soviel Energie wie die Produktion eines Neufahrzeuges und dieses schafft es auch nicht, das zu kompensieren. Dazu kommt der ökonomische Wahnsinn. Die unsinnige Vernichtung von Arbeit und Arbeitsplätzen in den Werkstätten auf lange Sicht.

Der Experte Ferdinand Dudenhöffer schreibt das \"falsche Regulierungssignale\" die CO2 sparende Technik blockieren. Die Frage ist nur: Welche Regulierungsmaßnahmen gibt es denn ?! Die Bundesregierung hat eine Zielvereinbarung bis 2020 mit den Automobilbauern vereinbart in der es heißt das sie 1 mio. Elektroautos auf die straßen bringen sollen. vor nicht mal einem halben jahr wurde diese zahl schon inoffiziell nach unten korrigiert. da ich selber bei daimler arbeite weiß ich wie die gespräche zu solchen themen ablaufen: es gibt einfach kein Interesse an elektroauto da sie nahezu keine verschleißteile haben abgesehen von den reifen. Das würde heißen das tausende arbeitsplätze alleine um das Daimler hauptwerk bei Stuttgart herum gefährdet sind. Außerdem weiß Daimler als mitbegründer des Lobbyismus in Europa sich sehr wohl zu wehr zusetzen gegen CO2 Regulierungen. neustes Beispiel: die 95mg/km co2 austoß regulierung Die EU hat das ziel die CO2 Emissionen bis 2025 bei allen autos auf 95mg/km zu limitieren. Das ist ziel ist durchaus erreichbar für autos bis zur kompaktklasse, aber die gewinnspanne beim verkauf von SUV\'s liegt deutlich höher also möchte man sich diesen Markt auch langfristig aufrecht erhalten, gerade aufgrund des enorm wachsenden marktes. deshalb sind derzeit s.g. thinktanks damit beschäftigt die EU regulierung zu kippen und zwar dahingehend das weiterhin alle sorten von Autos verkauft werden koennen, und für den verkauf von Hybriden und Elektroautos eine Art credit Point vergeben wird. konkret heißt das: wird ein Hybrid verkauft liegt der durchschnittliche verbrauch rund 20-30% unter dem einer Kombis. Dieser hybrid soll als 1,2 verkauftes auto gerechnet werden da er ja circa 60 mg/km co2 ausstößt. diese 0,2 - 0,3 \"Autos\" werden dem verkauf von SUV\'s gegen gerechnet die langfristig nicht unter die regulierungsgrenze von 95 mg/km co2 kommen werden.

Veränderungen müssen zu aller erst von den Menschen selbst kommen bzw. gewollt werden. Das Bewustsein hat sich in den letzten 10 Jahren schon bedeutend verbessert, nur reicht das bekanntlich nicht. Ich erlebe es täglich bei der Kundenberatung über Fenstersanierungen. Wie beim Autokauf wird grundsätzlich die Mittelklasse gewählt. statt zukunftsfähiger Modelle. \"stuck in the middle\" sagt der Amerikaner. Das Bauteil ist zu gut um einen erneuten Austausch zu rechtfertigen - aber ebenfalls zu schlecht um damit Passivhausqualität jemals erreichen zu können. Vielfach werden die KfW-förderbedingungen als Richtschnur für Entscheidungen genommen. Warum gibt es für Einzelmaßnahmen keine Staffelung wie bei den Effizienzhäusern ?

Nur ein waches Bewusstsein über die Konsequenzen des eigenen Verhaltens führt zu einer Veränderung - jeder Einzelne muss etwas tun, damit insgesamt etwas geschieht. Die Summe aus weniger Auto fahren, weniger Wegwerfprodukte kaufen, weniger Energieverschwendung im Alltag (Heizen, Standby, ...), weniger (Billig-)Fleisch ... dürfte eine enorme CO2-Einsparung zur Folge haben. Mehr noch: Es dürfte ein Mehr an Lebensqualität dabei herauskommen!
Ferdinand Dudenhöffer, Professor für Betriebswirtschaftslehre und Automobilwirtschaft an der Universität Duisburg-Essen