
Wie entstehen Legenden?
Das Herz rast, der Atem wird schneller, dann ist es soweit: der Weltrekord, die alles verändernde Idee, die Geschichte, von der nicht nur die eigenen Enkel, sondern die ganze Welt sprechen wird. Schreiben Sie uns, wie es dazu kommen kann.

Leidenschaft, die man schmeckt
Wer sich selbst als Legende bezeichnet, wird eines mit Sicherheit nie: eine Legende. Die Suche nach dem Kultschalter kann man sich also sparen und stattdessen gleich akzeptieren, dass Legenden nicht einfach so vom Himmel fallen oder erzwungen werden können – sondern ähnlich entstehen wie die edlen Brände, die wir in Berlin herstellen. Alles beginnt mit einem Urknall, der im Fall des Berliner Brandstifters schon fast 100 Jahre zurückliegt: Mein Urgroßvater verlieh mit einen selbstgebrannten Spirituosen den rauschenden Festen der 1920er das gewisse Etwas. Die Geschichten darüber kursieren noch heute in der Familie. Ganz besondere Brände aus lokalen Zutaten herstellen, das wollte ich auch – und entwickelte das Beste aus Tradition und Zeitgeist zu einem Gesamtprodukt, das kurz nach seiner Markteinführung 2009 nicht nur die „New York Times“ überzeugte, sondern uns auch zahlreiche Auszeichnungen für Geschmack und Design einbrachte. Aber Preise sind natürlich nicht alles: Am Ende des Tages sind es die intensiven individuellen Erlebnisse, welche die Menschen mit dem Geschmack unserer Brände verbinden, die dafür sorgen, dass wir in ihren Köpfen nicht einfach nur irgendein Schnapshersteller sind. Wir brennen vor Leidenschaft für das, was wir tun – und das merkt man. Ob das schon zum Legendenstatus reicht? Die Entscheidung überlassen wir liebend gern anderen.

Legende braucht Zeit
Legenden entstehen, wenn Menschen etwas Einzigartiges schaffen, von dem man sich schon zu dessen Lebzeiten immer wieder erzählt oder woran sich sogar die Nachwelt noch erinnern wird. Im Sport fallen mir dazu drei Namen ein: Der erste ist Mario Götze, der im Finale der Fußball-Weltmeisterschaft 2014 gegen Argentinien das Siegestor schoss. Zu diesem Zeitpunkt war er nicht einmal Stammspieler, sondern wurde nur eingewechselt. Der zweite ist Boris Becker, der mit 17 Jahren Wimbledon gewann und damit jüngster Sieger des bedeutendsten Tennisturniers der Welt wurde. Plötzlich kannte ganz Deutschland das „Bobbele“. Der dritte ist Sven Hannawald, der als einziger Sportler bisher alle vier Wettbewerbe einer Vierschanzentournee gewann. Diese Legenden bleiben – unabhängig davon, wie das Leben der einzelnen Sportler weiterging. Denn nicht bei allen Sportlern lief das Leben danach immer geradeaus. Oft wird es auch zum Problem, immer wieder mit diesem nachhaltigen Ereignis in Verbindung gebracht zu werden. Dennoch wird es sie ihr Leben lang begleiten. Im Augenblick des Geschehens ist es meist noch gar nicht klar, dass eine Person oder ein Ereignis zur Legende wird. Ich habe etwa das 7:1 von Deutschland gegen Brasilien bei der Fußball-WM 2014 kommentiert und man hat dieses legendäre Ergebnis erst später begriffen. Es vergeht bis heute kaum eine Woche, in der ich nicht auf dieses Spiel angesprochen werde. Die damalige deutsche Elf – lebende Legenden.

Einfach leben
Wer im Duden das Wort „Legende“ nachschlägt, findet als Erklärung die Begriffe „ausschmückende Darstellung“ und „glorifizierende Erzählung“. Nun sind die Geschichten, die mein Leben geschrieben hat, zwar durchaus prädestiniert für eine gewisse Legendenbildung, daran gearbeitet habe ich aber selbst nie aktiv. Um ehrlich zu sein, habe ich noch nicht einmal in solchen Kategorien gedacht. Kalte Berechnung ist kein Teil meines Wesens. Die Antwort ist stattdessen viel simpler: Ich wollte immer hautnah erfahren, wie etwas funktioniert und wie es sich anfühlt. Ich konnte gar nicht anders, als die Welt um mich herum auf meine ganz eigene Art und Weise zu entdecken – vom Leben in der Kommune über die Männer und Drogen bis hin zu den Reisen. Ich habe mein Leben gelebt, so wie ich es wollte; habe getan, was sich andere nicht getraut haben. Und galt deshalb plötzlich als Verfechterin der sexuellen Revolution. Viele Menschen haben mich deswegen für meinen Mut beglückwünscht, dabei bin ich eigentlich ein großer Schisser – vielleicht habe ich ganz einfach vor anderen Dingen Angst als die meisten Menschen. Dass das Leben irgendwann nicht mehr intensiv ist, ist eines davon. Das bringt sicher eine gewisse Risikobereitschaft mit sich. So wie jetzt: Ich denke darüber nach, mein kalifornisches Paradies hinter mir zu lassen und irgendwo ganz neu anzufangen. Ich glaube, es ist mal wieder an der Zeit für Europa.

Unsterbliche Geschichte
„Legenden entstehen, wenn ein überlebensgroßes Ereignis erklärt werden soll. Wenn 4.33 Prozent der Hamelner Bevölkerung auf einmal verschwindet, tut Erklärung bitter Not.“ So jedenfalls heißt es in einem Augenzeugenbericht aus der „Lüneburger Handschrift“ von 1450 über die Tragödie der 130 verschwundenen Kinder von Hameln. Die örtliche Kirche warnte später auf einem Glasfenster vor dem „Täter“ mit den Worten „Folge dem Pfeifer nicht“ und behauptete, er sei „der leibhaftige Teufel“. Bei der Liturgie mahnte sie „eindringlich“ vor dem Rattenfänger. Balkeninschriften an Häusern, eine „bungelose“, also trommelfreie Straße ohne Musik und ein steinernes Kreuz am Tor hielten das Volksgedächtnis wach. Der Verdammnis der Familien müsse eine „Sünde“ vorausgegangen sein, und so kamen die Ratten und der Betrug des Bürgermeisters ins Spiel. 17 Historiker lieferten Theorien, über 22 Versionen der Legende gibt es und zahlreiche Rezeptionen in der Kunstwelt, inklusive des 1972 mit Donovan gedrehten Films „The Pied Piper“ und einer aktuellen TV-Serie in Südkorea. Die Überlieferung berührt weltweit viele Menschen und sie folgen den Klängen des Pfeifers auch heute noch bis zum Tatort des Jahres 1284 in Hameln. Rattenfänger-Freilichtspiel, Musical „Rats“ und Gästeführungen halten die Sage lebendig. 2014 wurden die gelebte Tradition um die Rattenfängersage als immaterielles Kulturerbe in das nationale Verzeichnis der Unesco aufgenommen.

Kleine Prinzessin, großer Traum
Jeder kennt das romantische Wintermärchen „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“, doch die wenigsten wissen, dass dieser zur Legende gewordene Film in Sachsen gedreht wurde: auf Schloss Moritzburg. Die Kampagne des Freistaates „So geht sächsisch.“ hat das zum Anlass genommen, einen dreiminütigen Kurzfilm zu produzieren. In der Hauptrolle von „Und wovon träumst Du?“ ist die Dresdner Jungschauspielerin Rosalie Neumeister als Lilly zu sehen, die zum Ort ihrer Träume reisen will. Einmal Prinzessin sein möchte sie, und macht sich – abgewiesen von ihren Eltern im vorweihnachtlichen Stress – allein auf die lange Reise. Nahezu beiläufig zitiert der romantische Film den Märchenklassiker von 1973. So haben Eule Rosalie und der weiße Schimmel einen kurzen Gastauftritt. Und natürlich gibt es auch ein Happyend: Träume können eben auch wahr werden, wenn man nur an sie glaubt und sein Schicksal in die eigene Hand nimmt. In Sachsen, aber natürlich auch anderswo. Premiere hatte der Kurzfilm übrigens Ende November zur Eröffnung der alljährlichen Winterausstellung „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“ auf Schloss Moritzburg. Sie ist noch bis zum 25. Februar 2018 zu geöffnet und für Aschenbrödelfans aus nah und fern ein absolutes Muss. Den Kurzfilm finden Sie auf: http://bit.ly/2o4iZ1x. Mehr Informationen zur Kampagne: www.so-geht-sächsisch.de

Autonome Fantasie
Für viele scheint die Musikgruppe Kraftwerk eine Legende zu sein. Wenn man herausfinden will, was es damit auf sich hat, gibt vielleicht das Medium Auskunft, um das es eigentlich geht: die Musik. In meiner Autobiografie „Der Klang der Maschine“ habe ich mich noch einmal mit ihr beschäftigt. Zweifellos liegt die Zeit der Schöpfung unseres Klangkosmoses in den 1970er-Jahren. Dieser Prozess lässt sich als permanente Unterhaltung beschreiben, bei der wir unsere Gedanken in Musik übersetzten. In den 1980er-Jahren orientierten wir uns mehr an den Produktionen anderer Künstler, so dass sich unser freier kompositorischer Ansatz in Musikdesign wandelte. Mitte des Jahrzehnts erreichte uns dann die Digitalisierung. Die musikalische Interaktion unserer Improvisationen, bei denen wir kommunizierten und uns dabei in die Augen schauten, kam uns abhanden. Stattdessen starrten wir auf Computermonitore, während einer von uns Daten eingab. Ohne es zu bemerken, verloren wir dabei unsere Kernkompetenz: die autonome Fantasie. Mit dem 1991 erschienenen Remix-Album „The Mix“ war die Gruppe zum eigenen Kurator ihrer Musik geworden und leitete mit der permanenten Neugestaltung ihres Gesamtwerks eine Art Selbstkanonisierung ein, die bis heute andauert. Ich denke, im Grunde ist die Legendenbildung zurückzuführen auf die unabhängige Musik, die wir in den 1970er-Jahren mit kompositorischem Handwerk, Hingabe, Emotion und ein wenig Verstand erfanden.

Zu viel Ablenkung
Verfolge deine Wünsche und Träume, mach dich auf den Weg, dein Inneres kennenzulernen, und lasse los vom Alltagszustand. In dieser Welt hindern uns die sogenannten Black Mirror – TV, Handy, Computer und ähnliches – uns mit uns selbst zu beschäftigen. Wer nimmt sich heute noch die Zeit, wirklich in sich zu gehen und sich mit sich selbst auseinander zusetzen? Gefühle werden verdrängt, weil wir uns beschäftigen oder beschäftigt werden mit nicht glücklich machenden konsumierten Sachen, die uns wichtig gemacht werden. Probiert es doch mal aus, etwas zu ändern und verbringt eine Woche ohne die Black Mirror und schiebt jegliche Newspaper bei Seite. Vielleicht fängt für euch ein Weg der Erkenntnisse an, macht euch selbst zu einer Legende und schlagt ein neuen Weg ein, weil ihr etwas Besonderes, was nur ihr könnt, an euch findet. Beschäftigt euch mit etwas Echtem – euch selbst. Lernt euch selbst kennen und lasst euch nicht programmieren. All you need is less.

Selbstidentifikation
Ich glaube, sie entstehen im Laufe der Zeit und dadurch, dass die Geschichten bei jeder Wiedergabe bunter werden. Freunde haben sogar schon fälschlich von Erlebnissen erzählt, als wären es ihre statt meine. Das war keine Absicht, es war eher so, dass sie nach so vielen Versionen selbst dachten, sie wären dabei gewesen.

Ein Klassiker der Moderne
Mit seinem reduzierten, konsequent aus der Funktion abgeleiteten Design revolutionierte der Füllhalter LAMY 2000 in den 1960er-Jahren den Schreibgerätemarkt – und legte den Grundstein für die Erfolgsgeschichte der Marke LAMY. „Es war in der Zeit eine mutige Entscheidung, solch ein Produkt zu machen“, erinnert sich Dr. Manfred Lamy, damals Marketingmanager und bis heute Inhaber des Unternehmens. Für die Gestaltung hatte er den ehemaligen Braun-Designer Gerd A. Müller engagiert. Schnörkellos und funktional distanzierte sich der LAMY 2000 radikal von der opulenten Ästhetik, die damals bei Füllhaltern üblich war. Für den bislang kleinen Heidelberger Schreibgerätehersteller brachte er den Durchbruch. Heute ist LAMY nicht nur in Deutschland führend, sondern auch international höchst erfolgreich. So betreibt die Marke unter anderem rund 170 eigene Brand Stores in Metropolen wie Shanghai, Tokio, Seoul, Tel Aviv und demnächst dem New Yorker In-Viertel SoHo. Mit einer Vielfalt an Modellen – darunter auch der Weltbestseller LAMY safari – sowie wechselnden Oberflächen und Farben hat LAMY aus einem Gebrauchsgegenstand ein Lifestyle-Accessoire gemacht: Für Schreibbegeisterte rund um die Welt steht die Marke nicht nur für ausgezeichnetes Design und perfekte Funktionalität, sondern vor allem für Individualität und lebendige Freude am Schreiben von Hand.

Gegen den Strom
Man kann sagen, dass ich immer zwei Kämpfe führen müsste. Der eine fand im Ring statt, das war eigentlich der einfachere. Diesen Kampf konnte ich durch sportliche Leistung gewinnen. Der andere spielte sich außerhalb des Rings ab. Hier musste ich viel Überzeugungsarbeit leisten, als Frau in einer männerdominierten Sportart ernst genommen zu werden. Medien kann man nicht immer beeinflussen und es gab viele Kritiker, die mich niederschrieben. So stand ich dem Showkampf gegen Stefan Raab, der mich wohl in ganz Deutschland berühmt gemacht hat, auch zunächst eher skeptisch gegenüber. Aber manchmal muss man außergewöhnliche Wege gehen. Denn durch dieses Medienereignis wurde ich plötzlich als Sportlerin geachtet und konnte Menschen für das Frauenboxen begeistern – also für das, was mir wirklich wichtig ist. Natürlich musste ich auch weiterhin meine sportlichen Fähigkeiten im Boxring zeigen, sonst wäre ich schnell abgeschrieben gewesen. Ich wollte immer 150 Prozent geben und habe im Nachhinein gemerkt, dass ich viel zu sehr an mir selbst zweifelte. Heute würde ich allen Frauen raten, viel mehr an die eigenen Kompetenzen zu glauben. Aber es waren wohl auch ein Stück weit die Kritiker, denen ich es beweisen wollte – und dies durch kontinuierliche, sportliche Leistung. Ich wollte ihnen einfach die Argumente nehmen. So kam das Feuer in mir auch nicht zum Erlischen und machte mich zwölf Jahre zur ungeschlagenen Weltmeisterin.

Einfach außergewöhnlich
Menschen, die die Gesellschaft bereichern. Menschen, die sich von der Allgemeinheit abheben. Die herausstechen durch Geschmack und Stil. Die überaus beliebt und überall gerne gesehen sind. Mit ihnen Zeit zu verbringen, sorgt oft für aufregende Erlebnisse und spannende Abenteuer. Oftmals schaffen sie Sachen am Rande des Möglichen. Sie verschaffen ihrem Umfeld ein gutes Gefühl und sorgen für Momente, über die man gerne spricht und die man sich noch Jahrzehnte später erzählt. Jeder Moment ihres Lebens ist erwähnenswert und besonders. Von vielen bewundert sind Legenden aufopferungsvoll auf das Wohl und das Glück ihres Umfeldes bedacht. Voller Elan und Einsatzbereitschaft helfen und fördern sie vollkommen uneigennützig, wo es ihnen möglich ist und sich die Gelegenheit bietet. Auffällig durch außergewöhnliches Verhalten und herausragende Performance. In frühen Jahren oft als Kurzzeitbrenner eingeschätzt, haben sie sich stetig über alle Erwartungen gesteigert und allen das Gegenteil bewiesen. Ausdauer, Großmütigkeit und Lebensfreude unterstreichen ihre Persönlichkeit. Viele Menschen glänzen in einzelnen Momenten, Legenden schaffen das immer. Schon in frühen Jahren außerhalb „normaler“ Maßstäbe und für viele Menschen und Beobachter kaum zu erfassen. Legenden betreten einen Raum, die Stimmung hebt sich und es geht direkt nach vorne. Sie setzen sich für andere ein und sind immer verfügbar sein. Mitreißend und Freude versprühend.

Das gewisse Etwas
Ich glaube, der Kern einer jeden Legende ist eine ganz außergewöhnliche Geschichte, die so nicht jeden Tag, sondern nur ganz selten geschieht. Es kann auch ein besonderer Erfolg oder Misserfolg sein. Ich glaube, besonders aus tragischen Niederlagen entstehen legendäre Geschichten, wenn der gefallene Held dem Unglück trotzt und dagegen ankämpft oder wieder aufsteht. Zudem muss die Geschichte etwas Außergewöhnliches haben, eine ganz besondere Wendung oder Leistung zum Beispiel. Moderne Legenden sind ja oft Sportler, Musiker, Politiker oder andere öffentliche Persönlichkeiten. Ich glaube, das liegt daran, dass sich eine Legende natürlich nur mit der entsprechenden Bekanntheit verbreiten kann. Früher konnten nur besonders einzigartige Geschichten und Erzählungen ein wirklich breites Publikum erreichen. In der heutigen Zeit entstehen viele Legenden eher im Fernsehen oder im Internet, weil hier viele Leute von der besonderen Geschichte Notiz nehmen. Zu der breiten Öffentlichkeit kommt auch noch die jeweilige Persönlichkeit. Wir müssen die Helden der Geschichte entweder besonders mögen oder sie besonders ablehnen, damit wir mitfiebern, mitleiden und uns freuen oder trauern können.

Fiktive Vorbilder
Ob das Monster von Loch Ness, Bigfoot oder der Yeti: Immer wieder taucht jemand auf, der behauptet, er hätte sie gesichtet. Es reicht auch ein Kopf im Wasser oder eine Fußspur im Schnee. So entstehen Legenden vielleicht nicht, aber so werden sie am Leben gehalten.

Eine Marke, Viele Mythen
Ist der Weihnachtsmann eine CokeErfindung? Hilft Coca-Cola bei Magenproblemen? Nur zwei von unzähligen Sagen, die sich rund um die weltberühmte Limonade ranken. Sie ist ein Paradebeispiel dafür, wie eine Marke durch Legenden zum Kulturgut wird. Schon die Geschichte der Erfindung von Coca-Cola ist legendär. Am 8. Mai 1886 mixte John Stith Pemerton eine Rezeptur, die in die Weltgeschichte eingehen sollte. Eigentlich hatte der Apotheker aus Atlanta an einem Sirup gegen Kopfschmerzen und Müdigkeit geforscht. Da sein mit Soda gemischter Sirup reißenden Absatz fand, merkte Pemberton schnell, was für ein Potenzial seine Erfindung hatte. Und er setzte auf höchste Geheimhaltung. Das legendäre „Geheimrezept“ wurde erst 1919 niedergeschrieben. Heute lagert es in einem Tresor in der „World of Coca-Cola“ in Atlanta. Die Geheimhaltung führte natürlich zu Legendenbildung: Angeblich sollte das Getränk Kokain enthalten (falsch) und das Unternehmen habe den Sixpack erfunden, damit eine Coke nie mehr als eine Armlänge entfernt ist (stimmt). Wichtig für die Legende Coca-Cola ist neben dem Inhalt auch: die Verpackung. Die damals noch recht junge Marke entwickelte 1915 eine Flasche, die zu einer Ikone des Produktdesigns wurde und so bis heute verkauft wird. Die geschwungenen Kurven erinnern an einen Frauenkörper und wurden von diversen Künstlern aufgegriffen. So ließen sich zum Beispiel Salvador Dali, Andy Warhol, Keith Haring und Joseph Beuys von ihr inspirieren. Das Unternehmen hatte ein legendäres Getränk in eine ebensolche Form gegossen. Der Grundstein für den Mythos Coca-Cola. Nicht nur bei Inhalt und Form setzt Coca-Cola Meilensteine, sondern auch bei der Werbung. Beispielsweise, indem sie 1931 Santa Claus für eine Kampagne nutzte. Der Zeichner Haddon Sundblom kreierte dabei den Weihnachtsmann so, wie ihn Kinder und Erwachsene noch heute kennen und lieben. Coca-Cola hat ihn nicht erfunden, aber seine Popularität gesteigert und ihm ein Gesicht gegeben. Die Weihnachtstrucks, begleitet vom rot-weißen Santa Claus, zeigen jedes Jahr aufs Neue, dass das Fest und Coca-Cola mittlerweile fest verbunden sind. Auch legendär: Das erste afroamerikanische Model in einer Printwerbung posierte 1955 für Coca-Cola. Die Coke Light Kampagne in den 1980ern hatte den Mut, einen Mann als Sexsymbol darzustellen – in Form des Coke-Lieferanten. Drei Beispiele für eine Aussage: Als Vorreiter schafft Coca-Cola immer wieder ikonische Werbung. Jüngstes Beispiel: Die „Vielleicht bin ich gar nicht deine Freundin, sondern Manuel Neuer“-Kampagne für Coca-Cola Zero Sugar. Der Satz erwarb Kultstatus und ist ein Beispiel für die Kraft viraler Netze, die den Status von Coca-Cola untermauern. Die Marke arbeitet an den nächsten Legenden – und mit ihr alle Coke-Fans. Dabei beschränkt sich der Kult längst nicht mehr auf die klassische Coke, sondern auch auf zuckerreduzierte Varianten wie die erfolgreiche Coca-Cola Zero Sugar. Nicht nur der NeuerSatz zeigt: Legenden brauchen keinen Zucker.

Wahre Größe
Es sind gottgegebenes Charisma, granitartiger Charakter, außergewöhnliche Begleitumstände, mitunter tragische Schicksalsschläge, die über sportliche Höchstleistungen hinaus einen Athleten erst zur wahren Legende werden lassen. Keiner hat den Begriff vom „Heiligenleben“, wie der Duden das Wort Legende umschreibt, so verinnerlicht und ausgestrahlt wie Muhammad Ali. Er benutzte den Boxring als Plattform und den Ruhm seiner epischen Kämpfe für Wertmaßstäbe, die er als einfacher Schwarzer aus Louisville nie hätte setzen können. „Ein Boxer verändert die Welt“ steht auf der Titelseite der Biografie, die die Zeitschrift „Der Spiegel“ nach Muhammad Alis Tod herausgab. Der narzisstische Schreihals, bekannt für sein Mantra „I am the greatest“, machte zunächst mit Witz und Charme neben seinem ästhetischen Boxstil weltweit auf sich aufmerksam. Zu wahrer Größe stieg der „Größte“ auf, als er gegen den Krieg in Vietnam rebellierte, den Wehrdienst verweigerte, den Verlust des Weltmeistertitels und fünf Jahre Haft in Kauf nahm. Nach drei Jahren aus der Verbannung zurückkehren, im historischen „Rumble in the Jungle“ wieder Weltmeister werden, schicksalsergeben mit der Krankheit Parkinson leben – mehr Legendenbildung geht nicht. Dieser außergewöhnliche Mensch besiegte nicht nur Sonny Liston, Joe Frazier und George Foreman, sondern auch eine weiße Gesellschaft, die einen selbstbewussten afroamerikanischen Champion nicht ertragen konnte.

Die legendären Sieben
Es war einmal ein Anführer. Der erste in einer Gruppe von sieben. Er ging voran und bahnte den anderen den Weg. Er tat alles dafür, dem kommenden Abenteuer mit Schwung zu begegnen und so ein Vorbild zu sein für die anderen. Doch hinter ihm ruhte sich der Zweite in seinem Schatten aus. Der Dritte begriff sich stets als ein ganz durchschnittlicher seiner Art. Der Vierte hatte meist eher das Ziel als den Weg im Blick und der Fünfte war von Natur aus ein Optimist. Der Sechste schließlich führte als Genießer der Gruppe ein Leben für zwei. Dem Siebten wiederum oblag es, das Abenteuer aufzuarbeiten. Doch die Hauptlast, die lag auf dem legendären Ersten, dem sagenumwobenen Montag.

Harte Arbeit
Eine lebende Legende spielt diesen Winter sein letztes Turnier. Sein Name ist Phil Taylor und man kann ihn als Sportler bezeichnen, auch wenn viele Darts eher als Freizeitbeschäftigung ansehen. Aber was ihn zu einer Legende werden ließ, kann man auf jede Sportart oder jeden Beruf beziehen. Letztendlich auf alles, was zeitintensiv ist, um Perfektion zu erlangen. Das ist auch schon die Antwort auf die Frage, wie Legenden entstehen. Es ist Zeit. Zeit, die man aufwendet, um Perfektion zu erlangen und somit besser wird als alle anderen. 16 Jahre lang in Folge stand er in jedem WM-Finale. Um das zu schaffen, wird vermutet, dass er mehr als zwei Millionen Mal den Dart auf die Zielscheibe geworfen hat. Minuten, Stunden, Tage. Wer zu einer Legende werden will, muss für seine Passion viel opfern. Nur wer bereit ist, Zeit für den Erfolg zu opfern, wird auf lange Zeit gesehen zu einer Legende.

Höherer Beistand
Herbst 1968. Auf unserem Weg von La Serena nach Santiago de Chile zwang uns eine Autopanne in einem sehr kleinen Dorf namens El Noviciado Rast zu machen. Unser Guide wollte die Nacht zu Fuß nach Santiago laufen und uns am nächsten Tag abholen. Ein Gasthaus oder ähnliches war nirgends zu sehen. Da es schon sehr spät war, waren keine Menschen mehr auf den Straßen. Besorgt, keine Unterkunft zu finden, klopfte ich an verschiedene Türen, ohne jedoch Antwort zu erhalten. Als wir schon aufgeben wollten, um die kalte Nacht im Auto zu verbringen, kam uns ein alter Mann entgegen, der uns einlud, die Nacht in der kleinen Kirche zu verbringen. Am nächsten Morgen suchten wir verzweifelt den Mann, um uns zu bedanken. Doch alles, was wir in Erfahrung bringen konnten ist, dass der heilige Andreas auf Reisende Acht gibt.

Leidenschaft, die man schmeckt
Wer sich selbst als Legende bezeichnet, wird eines mit Sicherheit nie: eine Legende. Die Suche nach dem Kultschalter kann man sich also sparen und stattdessen gleich akzeptieren, dass Legenden nicht einfach so vom Himmel fallen oder erzwungen werden können – sondern ähnlich entstehen wie die edlen Brände, die wir in Berlin herstellen. Alles beginnt mit einem Urknall, der im Fall des Berliner Brandstifters schon fast 100 Jahre zurückliegt: Mein Urgroßvater verlieh mit seinen selbstgebrannten Spirituosen den rauschenden Festen der 1920er das gewisse Etwas. Die Geschichten darüber kursieren noch heute in der Familie. Ganz besondere Brände aus lokalen Zutaten herstellen, das wollte ich auch – und entwickelte das Beste aus Tradition und Zeitgeist zu einem Gesamtprodukt, das kurz nach seiner Markteinführung 2009 nicht nur die „New York Times“ überzeugte, sondern uns auch zahlreiche Auszeichnungen für Geschmack und Design einbrachte. Aber Preise sind natürlich nicht alles: Am Ende des Tages sind es die intensiven individuellen Erlebnisse, welche die Menschen mit dem Geschmack unserer Brände verbinden, die dafür sorgen, dass wir in ihren Köpfen nicht einfach nur irgendein Schnapshersteller sind. Wir brennen vor Leidenschaft für das, was wir tun – und das merkt man. Ob das schon zum Legendenstatus reicht? Die Entscheidung überlassen wir liebend gern anderen. Mehr Infos unter www.BerlinerBrandstifter.com

Meine Eltern
Wenn ich an Legenden denke, dann denke ich an meine Eltern, meine Kindheit und die unendlichen Geschichten und Begebenheiten, die meine beiden Schwestern und ich erlebt haben. Unsere Eltern haben für uns echte Legenden geschaffen und heute ist uns klar, sie waren auch echte Lebenskünstler. Meine Mutter, durch den Krieg zur Waise geworden, beherrschte die Kunst, aus Nichts ein gesundes Essen zu zaubern und es ohne großes Aufhebens und ohne Geschmacksverlust zu verlängern, wenn noch Freunde hinzukamen. Mein Vater, der durch den Krieg eine Versehrtheit an der Hand hatte, dadurch aber nie in seiner Tatkraft eingeschränkt war, dachte sich für uns drei Mädchen immer etwas Neues aus. Er was Alles-Sammler und Alles-Macher, Tüftler und Reparateur sämtlicher Schadensfälle – auch für Nachbarn – und Swimmingpool-Bauer. Vieles war bei uns einfach abenteuerlich, schon allein deshalb, weil wir auch als Kinder immer in die Arbeitsprozesse eingebunden waren. Noch heute höre ich die bewundernden Worte ehemaliger Nachbarsjungen, was unsere Eltern für uns Kindern alles bereitet hatten. Das macht mich auch heute noch sehr, sehr stolz und ganz besonders glücklich. Leider leben unsere Eltern schon lange nicht mehr, aber sie haben, neben dem immer noch existierenden Pool, etwas Legendäres, Unvergessliches hinterlassen.

Von Menschen für Menschen
Interessant ist die Doppeldeutigkeit des Legendenbegriffs: Einerseits sind Legenden reale Personen oder Ereignisse, die in Erinnerung bleiben. Auffallend ist dabei, dass echte Legenden immer etwas Vereinendes haben. Egal ob Sportler, Astronauten oder legendäre Gestalten der Weltgeschichte: Sie vereinen Menschen und lassen gemeinsam staunen und freuen. Anderseits sind Legenden Produkte der Fantasie, die vielleicht nur ein Körnchen Wahrheit enthalten, sich also im negativen Fall hart an der Grenze zu Fake News bewegen. So oder so, Legenden werden immer von Menschen gemacht, also hat alles und jeder die Chance, eine Legende zu werden, wenn nur genug Menschen dahinterstehen. Schwierig ist, wenn etwas von Anfang an zur Legende erklärt oder als legendär bezeichnet wird. Hier steckt oft Kalkül dahinter. Legenden brauchen Zeit, um zu reifen und ihren Platz in den Köpfen der Menschen zu erobern, um unvergesslich zu werden.

Postumer Ruhm
Nicht jeder, der jung stirbt, wird zur Legende. Aber bei Kurt Cobain und der Art, wie er sich das Leben nahm, trug es sicherlich dazu bei, zur übergroßen Musiklegende aufzusteigen.

Schöner Schein
Legenden waren einst Lebensgeschichten von Heiligen. Heute kann fast jeder zur Legende werden, wenn er etwas Ungewöhnliches getan hat, genügend Menschen davon erzählen und eigene Vorstellungen mit einbringen, die weiter gepostet werden. So behaupten manche Menschen, ich sei eine Legende. Wenn ich morgens in den Spiegel schaue, sehe ich dort eine Legende? Kein Heiligenschein, wirres Haar, zerknautschtes Gesicht, unrasiert, gerötete Augen und immer derselbe Gedanke: „Das bin hoffentlich nicht ich.“ Eine Hoffnung, die jedes Mal enttäuscht wird. „Wie ist es denn so, mit einer Legende am Frühstückstisch zu sitzen?“ Diese Frage stellte ich meiner Frau nach 17 Jahren des gemeinsamen Zusammenlebens. Die Reaktion war fast wie erwartet: erst große Augen, dann lautes Lachen. Dabei verschluckte sie sich an ihrem Brötchen, hustete heftig. Dann kurze Stille und wieder schallendes Lachen. Am Ende gab sie doch noch einen Kommentar ab: „Nett!“ Das ist alles, was sie dazu zu sagen hatte. Beim Partner bringt das „Legende sein“ nicht viele Punkte. Heutzutage werden auch Ganoven zu Legenden, wie zum Beispiel Al Capone, Billy the Kid oder so mancher Vorstandsvorsitzende. Weil viele Menschen an einer Legende basteln, ist ein sicheres Zeichen, dass man zur Legende geworden ist, wenn der Wikipedia-Eintrag – den man ja nicht selbst verfasst hat – zur Hälfte nicht stimmt. So entstehen Legenden. In meinem Fall eine momentan noch lebende.

Einfach Leben
Wer im Duden das Wort „Legende“ nachschlägt, findet als Erklärung die Begriffe „ausschmückende Darstellung“ und „glorifizierende Erzählung“. Nun sind die Geschichten, die mein Leben geschrieben hat, zwar durchaus prädestiniert für eine gewisse Legendenbildung, daran gearbeitet habe ich aber selbst nie aktiv. Um ehrlich zu sein, habe ich noch nicht einmal in solchen Kategorien gedacht. Kalte Berechnung ist kein Teil meines Wesens. Die Antwort ist stattdessen viel simpler: Ich wollte immer hautnah erfahren, wie etwas funktioniert und wie es sich anfühlt. Ich konnte gar nicht anders, als die Welt um mich herum auf meine ganz eigene Art und Weise zu entdecken – vom Leben in der Kommune über die Männer und Drogen bis hin zu den Reisen. Ich habe mein Leben gelebt, so wie ich es wollte; habe getan, was sich andere nicht getraut haben. Und galt deshalb plötzlich als Verfechterin der sexuellen Revolution. Viele Menschen haben mich deswegen für meinen Mut beglückwünscht, dabei bin ich eigentlich ein großer Schisser – vielleicht habe ich ganz einfach vor anderen Dingen Angst als die meisten Menschen. Dass das Leben irgendwann nicht mehr intensiv ist, ist eines davon. Das bringt sicher eine gewisse Risikobereitschaft mit sich. So wie jetzt: Ich denke darüber nach, mein kalifornisches Paradies hinter mir zu lassen und irgendwo ganz neu anzufangen. Ich glaube, es ist mal wieder an der Zeit für Europa.
Verloren in zu viel Ablenkung
Verfolge deine Wünsche und Träume, mach dich auf den Weg, dein Inneres kennenzulernen, und lasse los vom Alltagszustand. In dieser Welt hindern uns die sogenannten Black Mirror –TV, Handy, Computer und ähnliches – uns mit uns selbst zu beschäftigen. Wer nimmt sich heute noch die Zeit, wirklich in sich zu gehen und sich mit sich selbst auseinander zusetzen? Gefühle werden verdrängt, weil wir uns beschäftigen oder beschäftigt werden mit nicht glücklich machenden konsumierten Sachen, die uns wichtig gemacht werden. Probiert es doch mal aus, etwas zu ändern und verbringt eine Woche ohne die Black Mirror und schiebt jegliche Newspaper bei Seite. Vielleicht fängt für euch ein Weg der Erkenntnisse an, macht euch selbst zu einer Legende und schlagt ein neuen Weg ein, weil ihr etwas Besonderes, was nur ihr könnt, an euch findet. Beschäftigt euch mit etwas Echtem – euch selbst. Lernt euch selbst kennen und lasst euch nicht programmieren. All you need is less.

Einfach leben
Wer im Duden das Wort „Legende“ nachschlägt, findet als Erklärung die Begriffe „ausschmückende Darstellung“ und „glorifizierende Erzählung“. Nun sind die Geschichten, die mein Leben geschrieben hat, zwar durchaus prädestiniert für eine gewisse Legendenbildung, daran gearbeitet habe ich aber selbst nie aktiv. Um ehrlich zu sein, habe ich noch nicht einmal in solchen Kategorien gedacht. Kalte Berechnung ist kein Teil meines Wesens. Die Antwort ist stattdessen viel simpler: Ich wollte immer hautnah erfahren, wie etwas funktioniert und wie es sich anfühlt. Ich konnte gar nicht anders, als die Welt um mich herum auf meine ganz eigene Art und Weise zu entdecken – vom Leben in der Kommune über die Männer und Drogen bis hin zu den Reisen. Ich habe mein Leben gelebt, so wie ich es wollte; habe getan, was sich andere nicht getraut haben. Und galt deshalb plötzlich als Verfechterin der sexuellen Revolution. Viele Menschen haben mich deswegen für meinen Mut beglückwünscht, dabei bin ich eigentlich ein großer Schisser – vielleicht habe ich ganz einfach vor anderen Dingen Angst als die meisten Menschen. Dass das Leben irgendwann nicht mehr intensiv ist, ist eines davon. Das bringt sicher eine gewisse Risikobereitschaft mit sich. So wie jetzt: Ich denke darüber nach, mein kalifornisches Paradies hinter mir zu lassen und irgendwo ganz neu anzufangen. Ich glaube, es ist mal wieder an der Zeit für Europa.

Legende braucht Zeit
Legenden entstehen, wenn Menschen etwas Einzigartiges schaffen, von dem man sich schon zu dessen Lebzeiten immer wieder erzählt oder woran sich sogar die Nachwelt noch erinnern wird. Im Sport fallen mir dazu drei Namen ein: Der erste ist Mario Götze, der im Finale der Fußball-Weltmeisterschaft 2014 gegen Argentinien das Siegestor schoss. Zu diesem Zeitpunkt war er nicht einmal Stammspieler, sondern wurde nur eingewechselt. Der zweite ist Boris Becker, der mit 17 Jahren Wimbledon gewann und damit jüngster Sieger des bedeutendsten Tennisturniers der Welt wurde. Plötzlich kannte ganz Deutschland das „Bobbele“. Der dritte ist Sven Hannawald, der als einziger Sportler bisher alle vier Wettbewerbe einer Vierschanzentournee gewann. Diese Legenden bleiben – unabhängig davon, wie das Leben der einzelnen Sportler weiterging. Denn nicht bei allen Sportlern lief das Leben danach immer geradeaus. Oft wird es auch zum Problem, immer wieder mit diesem nachhaltigen Ereignis in Verbindung gebracht zu werden. Dennoch wird es sie ihr Leben lang begleiten. Im Augenblick des Geschehens ist es meist noch gar nicht klar, dass eine Person oder ein Ereignis zur Legende wird. Ich habe etwa das 7:1 von Deutschland gegen Brasilien bei der Fußball-WM 2014 kommentiert und man hat dieses legendäre Ergebnis erst später begriffen. Es vergeht bis heute kaum eine Woche, in der ich nicht auf dieses Spiel angesprochen werde. Die damalige deutsche Elf – lebende Legenden.

Mit dem Größten
Es sind gottgegebenes Charisma, granitartiger Charakter, außergewöhnliche Begleitumstände, mitunter tragische Schicksalsschläge, die über sportliche Höchstleistungen hinaus einen Athleten erst zur wahren Legende werden lassen. Keiner hat den Begriff vom „Heiligenleben“, wie der Duden das Wort Legende umschreibt, so verinnerlicht und ausgestrahlt wie Muhammad Ali. Er benutzte den Boxring als Plattform und den Ruhm seiner epischen Kämpfe für Wertmaßstäbe, die er als einfacher Schwarzer aus Louisville nie hätte setzen können. „Ein Boxer verändert die Welt“ steht auf der Titelseite der Biografie, die die Zeitschrift „Der Spiegel“ nach Muhammad Alis Tod herausgab. Der narzisstische Schreihals, bekannt für sein Mantra „I am the greatest“, machte zunächst mit Witz und Charme neben seinem ästhetischen Boxstil weltweit auf sich aufmerksam. Zu wahrer Größe stieg der „Größte“ auf, als er gegen den Krieg in Vietnam rebellierte, den Wehrdienst verweigerte, den Verlust des Weltmeistertitels und fünf Jahre Haft in Kauf nahm. Nach drei Jahren aus der Verbannung zurückkehren, im historischen „Rumble in the Jungle“ wieder Weltmeister werden, schicksalsergeben mit der Krankheit Parkinson leben – mehr Legendenbildung geht nicht. Dieser außergewöhnliche Mensch besiegte nicht nur Sonny Liston, Joe Frazier und George Foreman, sondern auch eine weiße Gesellschaft, die einen selbstbewussten afroamerikanischen Champion nicht ertragen konnte.

Gegen den Strom
Man kann sagen, dass ich immer zwei Kämpfe führen müsste. Der eine fand im Ring statt, das war eigentlich der einfachere. Diesen Kampf konnte ich durch sportliche Leistung gewinnen. Der andere spielte sich außerhalb des Rings ab. Hier musste ich viel Überzeugungsarbeit leisten, als Frau in einer männerdominierten Sportart ernst genommen zu werden. Medien kann man nicht immer beeinflussen und es gab viele Kritiker, die mich niederschrieben. So stand ich dem Showkampf gegen Stefan Raab, der mich wohl in ganz Deutschland berühmt gemacht hat, auch zunächst eher skeptisch gegenüber. Aber manchmal muss man außergewöhnliche Wege gehen. Denn durch dieses Medienereignis wurde ich plötzlich als Sportlerin geachtet und konnte Menschen für das Frauenboxen begeistern – also für das, was mir wirklich wichtig ist. Natürlich musste ich auch weiterhin meine sportlichen Fähigkeiten im Boxring zeigen, sonst wäre ich schnell abgeschrieben gewesen. Ich wollte immer 150 Prozent geben und habe im Nachhinein gemerkt, dass ich viel zu sehr an mir selbst zweifelte. Heute würde ich allen Frauen raten, viel mehr an die eigenen Kompetenzen zu glauben. Aber es waren wohl auch ein Stück weit die Kritiker, denen ich es beweisen wollte – und dies durch kontinuierliche, sportliche Leistung. Ich wollte ihnen einfach die Argumente nehmen. So kam das Feuer in mir auch nicht zum Erlischen und machte mich zwölf Jahre zur ungeschlagenen Weltmeisterin.

Schöner Schein
Legenden waren einst Lebensgeschichten von Heiligen. Heute kann fast jeder zur Legende werden, wenn er etwas Ungewöhnliches getan hat, genügend Menschen davon erzählen und eigene Vorstellungen mit einbringen, die weiter gepostet wer-den. So behaupten manche Menschen, ich sei eine Legende. Wenn ich morgens in den Spiegel schaue, sehe ich dort eine Legende? Kein Heiligenschein, wirres Haar, zerknautschtes Gesicht, unrasiert, gerötete Augen und immer derselbe Gedanke: „Das bin hoffentlich nicht ich.“ Eine Hoffnung, die jedes Mal enttäuscht wird. „Wie ist es denn so, mit einer Legende am Frühstückstisch zu sitzen?“ Diese Frage stellte ich meiner Frau nach 17 Jahren des gemeinsamen Zusammenlebens. Die Reaktion war fast wie erwartet: erst große Augen, dann lautes Lachen. Dabei verschluckte sie sich an ihrem Brötchen, hustete heftig. Dann kurze Stille und wieder schallendes Lachen. Am Ende gab sie doch noch einen Kommentar ab: „Nett!“ Das ist alles, was sie dazu zu sagen hatte. Beim Partner bringt das „Legende sein“ nicht viele Punkte. Heutzutage werden auch Ganoven zu Legenden, wie zum Beispiel Al Capone, Billy the Kid oder so mancher Vorstandsvorsitzende. Weil viele Menschen an einer Le-gende basteln, ist ein sicheres Zeichen, dass man zur Legende geworden ist, wenn der Wikipedia-Eintrag – den man ja nicht selbst verfasst hat – zur Hälfte nicht stimmt. So entstehen Legenden. In meinem Fall eine momentan noch lebende.

Unsterbliche Geschichte
„Legenden entstehen, wenn ein überlebensgroßes Ereignis erklärt werden soll. Wenn 4.33 Prozent der Hamelner Bevölkerung auf einmal verschwindet, tut Erklärung bitter Not.“ So jedenfalls heißt es in einem Augenzeugenbericht aus der „Lüneburger Handschrift“ von 1450 über die Tragödie der 130 verschwundenen Kinder von Hameln. Die örtliche Kirche warnte später auf einem Glasfenster vor dem „Täter“ mit den Worten „Folge dem Pfeifer nicht“ und behauptete, er sei „der leibhaftige Teufel“. Bei der Liturgie mahnte sie „eindringlich“ vor dem Rattenfänger. Balkeninschriften an Häusern, eine „bungelose“, also trommelfreie Straße ohne Musik und ein steinernes Kreuz am Tor hielten das Volksgedächtnis wach. Der Verdammnis der Familien müsse eine „Sünde“ vorausgegangen sein, und so kamen die Ratten und der Betrug des Bürgermeisters ins Spiel. 17 Historiker lieferten Theorien, über 22 Versionen der Legende gibt es und zahlreiche Rezeptionen in der Kunstwelt, inklusive des 1972 mit Donovan gedrehten Films „The Pied Piper“ und einer aktuellen TV-Serie in Südkorea. Die Überlieferung berührt weltweit viele Menschen und sie folgen den Klängen des Pfeifers auch heute noch bis zum Tatort des Jahres 1284 in Hameln. Rattenfänger-Freilichtspiel, Musical „Rats“ und Gästeführungen halten die Sage lebendig. 2014 wurden die gelebte Tradition um die Rattenfängersage als immaterielles Kulturerbe in das nationale Verzeichnis der Unesco aufgenommen.

Autonome Fantasie
Für viele scheint die Musikgruppe Kraftwerk eine Legende zu sein. Wenn man herausfinden will, was es damit auf sich hat, gibt vielleicht das Medium Auskunft, um das es eigentlich geht: die Musik. In meiner Autobiografie „Der Klang der Maschine“ habe ich mich noch einmal mit ihr beschäftigt. Zweifellos liegt die Zeit der Schöpfung unseres Klangkosmoses in den 1970er-Jahren. Dieser Prozess lässt sich als permanente Unterhaltung beschreiben, bei der wir unsere Gedanken in Musik übersetzten. In den 1980er-Jahren orientierten wir uns mehr an den Produktionen anderer Künstler, so dass sich unser freier kompositorischer Ansatz in Musikdesign wandelte. Mitte des Jahrzehnts erreichte uns dann die Digitalisierung. Die musikalische Interaktion unserer Improvisationen, bei denen wir kommunizierten und uns dabei in die Augen schauten, kam uns abhanden. Stattdessen starrten wir auf Computermonitore, während einer von uns Daten eingab. Ohne es zu bemerken, verloren wir dabei unsere Kernkompetenz: die autonome Fantasie. Mit dem 1991 erschienenen Remix-Album „The Mix“ war die Gruppe zum eigenen Kurator ihrer Musik geworden und leitete mit der permanenten Neugestaltung ihres Gesamtwerks eine Art Selbstkanonisierung ein, die bis heute andauert. Ich denke, im Grunde ist die Legendenbildung zurückzuführen auf die unabhängige Musik, die wir in den 1970er-Jahren mit kompositorischem Handwerk, Hingabe, Emotion und ein wenig Verstand erfanden.

Die legendären Sieben
Es war einmal ein Anführer. Der erste in einer Gruppe von sieben. Er ging voran und bahnte den anderen den Weg. Er tat alles dafür, dem kommenden Abenteuer mit Schwung zu begegnen und so ein Vorbild zu sein für die anderen. Doch hinter ihm ruhte sich der Zweite in seinem Schatten aus. Der Dritte begriff sich stets als ein ganz durchschnittlicher seiner Art. Der Vierte hatte meist eher das Ziel als den Weg im Blick und der Fünfte war von Natur aus ein Optimist. Der Sechste schließlich führte als Genießer der Gruppe ein Leben für zwei. Dem Siebten wiederum oblag es, das Abenteuer aufzuarbeiten. Doch die Hauptlast, die lag auf dem legendären Ersten, dem sagenumwobenen Montag.

Harte Arbeit
Eine lebende Legende spielt diesen Winter sein letztes Turnier. Sein Name ist Phil Taylor und man kann ihn als Sportler bezeichnen, auch wenn viele Darts eher als Freizeitbeschäftigung ansehen. Aber was ihn zu einer Legende werden ließ, kann man auf jede Sportart oder jeden Beruf beziehen. Letztendlich auf alles, was zeitintensiv ist, um Perfektion zu erlangen. Das ist auch schon die Antwort auf die Frage, wie Legenden entstehen. Es ist Zeit. Zeit, die man aufwendet, um Perfektion zu erlangen und somit besser wird als alle anderen. 16 Jahre lang in Folge stand er in jedem WM-Finale. Um das zu schaffen, wird vermutet, dass er mehr als zwei Millionen Mal den Dart auf die Zielscheibe geworfen hat. Minuten, Stunden, Tage. Wer zu einer Legende werden will, muss für seine Passion viel opfern. Nur wer bereit ist, Zeit für den Erfolg zu opfern, wird auf lange Zeit gesehen zu einer Legende.

Außergewöhnlich
Menschen, die die Gesellschaft bereichern. Menschen, die sich von der Allgemeinheit abheben. Die herausstechen durch Geschmack und Stil. Die überaus beliebt und überall gerne gesehen sind. Mit ihnen Zeit zu verbringen, sorgt oft für aufregende Erlebnisse und spannende Abenteuer. Oftmals schaffen sie Sachen am Rande des Möglichen. Sie verschaffen ihrem Umfeld ein gutes Gefühl und sorgen für Momente, über die man gerne spricht und die man sich noch Jahrzehnte später erzählt. Jeder Moment ihres Lebens ist erwähnenswert und besonders. Von vielen bewundert sind Legenden aufopferungsvoll auf das Wohl und das Glück ihres Umfeldes bedacht. Voller Elan und Einsatzbereitschaft helfen und fördern sie vollkommen uneigennützig, wo es ihnen möglich ist und sich die Gelegenheit bietet. Auffällig durch außergewöhnliches Verhalten und herausragende Performance. In frühen Jahren oft als Kurzzeitbrenner eingeschätzt, haben sie sich stetig über alle Erwartungen gesteigert und allen das Gegenteil bewiesen. Ausdauer, Großmütigkeit und Lebensfreude unterstreichen ihre Persönlichkeit. Viele Menschen glänzen in einzelnen Momenten, Legenden schaffen das immer. Schon in frühen Jahren außerhalb „normaler“ Maßstäbe und für viele Menschen und Beobachter kaum zu erfassen. Legenden betreten einen Raum, die Stimmung hebt sich und es geht direkt nach vorne. Sie setzen sich für andere ein und sind immer verfügbar sein. Mitreißend und Freude versprühend.

Höherer Beistand
Herbst 1968. Auf unserem Weg von La Serena nach Santiago de Chile zwang uns eine Autopanne in einem sehr kleinen Dorf namens El Noviciado Rast zu machen. Unser Guide wollte die Nacht zu Fuß nach Santiago laufen und uns am nächsten Tag abholen. Ein Gasthaus oder ähnliches war nirgends zu sehen. Da es schon sehr spät war, waren keine Menschen mehr auf den Straßen. Besorgt, keine Unterkunft zu finden, klopfte ich an verschiedene Türen, ohne jedoch Antwort zu erhalten. Als wir schon aufgeben wollten, um die kalte Nacht im Auto zu verbringen, kam uns ein alter Mann entgegen, der uns einlud, die Nacht in der kleinen Kirche zu verbringen. Am nächsten Morgen suchten wir verzweifelt den Mann, um uns zu bedanken. Doch alles, was wir in Erfahrung bringen konnten ist, dass der heilige Andreas auf Reisende Acht gibt.

Postumer Ruhm
Nicht jeder, der jung stirbt, wird zur Legende. Aber bei Kurt Cobain und der Art, wie er sich das Leben nahm, trug es sicherlich dazu bei, zur übergroßen Musiklegende aufzusteigen.

Fiktive Vorbilder
Ob das Monster von Loch Ness, Bigfoot oder der Yeti: Immer wieder taucht jemand auf, der behauptet, er hätte sie gesichtet. Es reicht auch ein Kopf im Wasser oder eine Fußspur im Schnee. So entstehen Legenden vielleicht nicht, aber so werden sie am Leben gehalten.

Selbstidentifikation
Ich glaube, sie entstehen im Laufe der Zeit und dadurch, dass die Geschichten bei jeder Wiedergabe bunter werden. Freunde haben sogar schon fälschlich von Erlebnisse erzählt, als wären es ihre statt meine. Das war keine Absicht, es war eher so, dass sie nach so vielen Versionen selbst dachten, sie wären dabei gewesen.

Menschen für Menschen
Interessant ist die Doppeldeutigkeit des Legendenbegriffs: einerseits sind Legenden reale Personen oder Ereignisse, die in Erinnerung bleiben. Auffallend ist, dass echte Legenden immer etwas Vereinendes haben, ob Sportereignis, Mondlandung oder legendäre Gestalten, sie vereinen Menschen und lassen gemeinsam staunen und freuen. Anderseits sind Legenden Produkte der Phantasie, die vielleicht nur ein Körnchen Wahrheit enthalten, also im negativen Fall hart an der Grenze zur Fake News. So oder so, Legenden werden immer von Menschen gemacht, also hat alles und jeder die Chance, eine Legende zu werden, wenn nur genug Menschen dahinterstehen. Schwierig ist, wenn etwas von Anfang an zur Legende erklärt oder legendär bezeichnet wird. Hier steckt oft Kalkül dahinter. Legenden brauchen Zeit um zu reifen und ihren Platz in den Köpfen der Menschen zu erobern und unvergesslich zu werden.

Meine Eltern
Wenn ich an Legenden denke, dann denke ich an meine Eltern, meine Kindheit und die unendlichen Geschichten und Begebenheiten, die meine beiden Schwestern und ich erlebt haben. Unsere Eltern haben für uns echte Legenden geschaffen und heute ist uns klar, sie waren auch echte Lebenskünstler! Meine Mutter, durch den Krieg zur Waise geworden, die die Kunst beherrschte aus einem Nichts ein gesundes Essen zu zaubern und wenn es erforderlich wurde, einfach ohne großes Aufhebens und ohne Geschmacksverlust das Essen verlängerte, wenn noch Freunde hinzukamen. Mein Vater, der durch den Krieg eine Versehrtheit an der Hand hatte, dadurch aber nie in seiner Tatkraft etwas zu schaffen, eingeschränkt war, dachte sich für uns 3 Mädchen immer etwas Neues aus. Vom Alles-Sammler, alles Macher, vom Tüftler bis zum Reparateur sämtlicher Schadensfälle auch für Nachbarn bis zum Swimmingpool-Bauer war alles möglich. Die Idee, ein Schwimmbad im Garten zu bauen (mein Vater zu der Zeit noch Nichtschwimmer) entstand bereits in den 60-70er Jahren. Durch die Sammelleidenschaft meines Vaters waren die unterschiedlichsten Materialien, verteilt in diversen Lagern im Haus, im Keller, in der Garage und im Stall vorhanden und so entstand ein runder Pool aus einem ehemaligen Förderband, dass in einer geschweißte Blechwanne, Durchmesser 3 Meter, mit hunderten von Schrauben befestigt und verdichtet wurde, und uns Kindern und unseren Freunden jeden Sommer den größten Spaß bereitete. Aus diesem Wunderwerk herausgewachsen, wurde dann in den 80er Jahren ein richtiger, gefliester Pool in der Form eines Oktagons, mit Betonsäulen und einem Blechdach darüber, gebaut, der auch von der im Keller befindlichen selbstverständlich auch selber gebauten Sauna, durch einen unterirdischen Tunnel vom Haus aus, zu erreichen war. Vieles war bei uns einfach abenteuerlich, schon allein deshalb, weil wir auch als Kinder immer in die Arbeitsprozesse eingebunden waren. Noch heute höre ich die bewundernden Worte ehemaliger Nachbarsjungen, was unsere Eltern für uns Kindern alles bereitet haben. Das macht mich auch heute noch sehr, sehr stolz und ganz besonders glücklich. Leider leben unsere Eltern schon lange nicht mehr, aber sie haben, neben dem immer noch existierenden Pool, etwas legendäres, unvergessliches hinterlassen.

Das gewisse Etwas
Ich glaube, der Kern einer jeden Legende ist eine ganz außergewöhnliche Geschichte, die so nicht jeden Tag, sondern nur ganz selten geschieht. Es kann auch ein besonderer Erfolg oder Misserfolg sein. Ich glaube, besonders aus tragischen Niederlagen entstehen legendäre Geschichten, wenn der gefallene Held dem Unglück trotzt und dagegen ankämpft oder wieder aufsteht. Zudem muss die Geschichte etwas Außergewöhnliches haben, eine ganz besondere Wendung oder Leistung zum Beispiel. Moderne Legenden sind ja oft Sportler, Musiker, Politiker oder andere öffentliche Persönlichkeiten. Ich glaube, das liegt daran, dass sich eine Legende natürlich nur mit der entsprechenden Bekanntheit verbreiten kann. Früher konnten nur besonders einzigartige Geschichten und Erzählungen ein wirklich breites Publikum erreichen. In der heutigen Zeit entstehen viele Legenden eher im Fernsehen oder im Internet, weil hier viele Leute von der besonderen Geschichte Notiz nehmen. Zu der breiten Öffentlichkeit kommt auch noch die jeweilige Persönlichkeit. Wir müssen die Helden der Geschichte entweder besonders mögen oder sie besonders ablehnen, damit wir mitfiebern, mitleiden und uns freuen oder trauern können.
Vincent Honrodt, Geschäftsführer Berliner Brandstifter,