
Wer baut die Welt von morgen?
Niemand weiß, wie unser Leben einmal aussehen wird. Aber raten können wir ja. Und das ist gerade spannender als selten zuvor: Übernehmen Roboter das Zepter, gestalten multinationale Konzerne unsere Zukunft oder macht die globalisierte Welt eine Rolle rückwärts Richtung Isolationismus? Schreiben Sie uns, wie es Ihrer Meinung nach weitergeht.

Hungrig auf Plastik
Wie cool wäre es, in einer Welt zu leben, in der es keinen Plastikmüll gibt. Das ist nach meiner Ansicht ein Traum, der zumindest zum Teil wahr werden kann, wenn wir auf Einwegmaterialien aus Kunststoff weitestgehend verzichten, prinzipiell eine hohe Recyclingrate anstreben und nach Möglichkeit synthetische Polymere durch mikrobiologisch abbaubare Materialien ersetzen. Für die Welt von morgen ist das jedoch nicht ausreichend: Wir müssen Materialien entwickeln, die durch Mikroorganismen besser abbaubar sind, aber auch den hohen Ansprüchen, die wir an synthetische Polymere stellen, gerecht werden. Doch das ist nur der erste Schritt. Wirklich nachhaltig wird es erst dann, wenn wir es auch schaffen, machbare Konzepte zu erarbeiten, um Kunststoffe mit Hilfe von Mikroorganismen wieder in Wertschöpfungsketten zu integrieren. Dabei könnten gerade plastikfressende Bakterien eine echte Alternative und ein Schlüssel für innovative Zukunftstechnologien darstellen. Realistische Beispiele wären der Einsatz von plastikabbauenden Mikroorganismen oder deren Enzyme, um den Eintrag von Kunststoffen in Form von Mikroplastik im Abwasser oder in Kompostanlagen zu verringern. Darüber hinaus könnten wir Bakterien mit Werkzeugen der synthetischen Biologie beibringen, aus PET-Flaschen Arzneimittel oder den Treibstoff von morgen zu produzieren. Dank der mikroskopisch kleinen Helfer könnte er wahrwerden, der Traum von einer Zukunft ohne Plastikmüll.

Agrarwende jetzt
Die weltweit wachsende Ernährungskrise sollte nicht mit noch mehr Pestiziden, mehr Glyphosat, mit einem agrarindustriellen Ansatz angegangen werden müssen. Die Zukunft gehört einer Agrarwende, die etwa eine bienenfreundliche Landwirtschaft als Teil einer biodynamischen Landwirtschaft zu entfalten versteht, in der darauf geachtet wird, die Wiesen nicht vor der Blütezeit abzumähen – das mögen die Bienen überhaupt nicht. Ein Bienenvolk stellt einen Organismus dar, dessen Integrität zu wahren zum Geheimnis einer Landwirtschaft gehört, die das Geistige darin erkennt, es nutzt und darum weiß, wie diese in Einklang mit der Natur und zum Nutzen der Gemeinschaft entfaltet werden kann. Und das kommt an: Erweiterte Anschauungen zum materiellen Weltbild werden heute verstärkt gesucht, auch weil die konventionelle Landwirtschaft sich mit all ihren nicht-naturgemäßen Auswüchsen als wenig nachhaltigkeitsfähig erweist. Die weltweit wachsende biodynamische Landwirtschaft zeigt im wissenschaftlichen Studienvergleich mit konventioneller Landwirtschaft – was etwa Bodenfruchtbarkeit, Biodiversität, Wasserverbrauch, Ressourceneffizienz und Tierwohl anbelangt – markante, empirisch ermittelte Vorteile. Sicherlich wird eine zukünftige Landwirtschaft auch ein Lernort sein, um der aktuellen Konfrontation mit der zunehmend virtuellen und digitalen Welt mit einem erweiterten Verständnis des bäuerlichen Umgangs mit den Ressourcen der Natur zu begegnen.

Alternative Holz
Unser Büro plant derzeit ein Holzhochhaus. Holz ist ein traditioneller Werkstoff, doch beim mehrgeschossigen Bauen kommt heute fast ausschließlich Stahlbeton zum Einsatz. Dabei ist Holz eine gute Alternative. Wir können es lokal und nachhaltig produzieren, es ist ein hervorragender CO2-Speicher und sorgt nebenbei auch für eine kurze Bauzeit und ein gesundes Raumklima. Das wünschen sich viele Menschen. Doch in den Köpfen hält sich das Stigma, Holzbauten seien weder langlebig noch brandsicher. In den vergangenen Jahrzehnten hat sich in der Holzbautechnologie jedoch unglaublich viel getan, hin zu hochleistungsfähigen Produkten, die für das großmaßstäbliche und serielle Bauen gut geeignet sind und dem Stahlbeton an Brandwiderstand und Tragfähigkeit in nichts nachstehen. Wir sollten in der Zukunft wieder viel mehr mit Holz bauen. Ressourcenknappheit und Klimawandel zwingen uns, umzudenken – aus existenziellen Gründen. Nur ein Beispiel von vielen: Der Sand für das Bauen wird knapp, denn lange nicht jeder Sand ist zur Betonproduktion geeignet. Der weltweite Abbau nimmt dramatisch und völlig unreguliert zu – mit verheerenden Folgen für ganze Ökosysteme. Auch das spricht für das Bauen mit Holz. Trotz aller Vorteile dieser Bauweise ist unser Holzhochhaus in Deutschland ein echtes Pilotprojekt und die Planung mit unserem derzeit geltenden Baurecht ein enormer Kraftakt. In anderen Ländern gibt es schon Beispielbauten. Da haben wir viel aufzuholen.

Perspektiven schaffen
Heute leben fast acht Milliarden Menschen auf unserem Planeten. Bis 2050 könnten es noch zwei Milliarden mehr sein. Aber wo werden die Kinder geboren, die die Welt von morgen bauen? Einen Teil der Antwort liefert ein Blick auf unseren Nachbarkontinent: In den kommenden 30 Jahren dürfte über die Hälfte des weltweiten Bevölkerungszuwachses auf Afrika entfallen, denn hier bekommen Frauen im Schnitt mehr als doppelt so viel Nachwuchs als im Rest der Welt. Bislang machen es die hohen Geburtenziffern den afrikanischen Ländern schwer, die nachwachsenden Jahrgänge mit dem Nötigsten zu versorgen. Sollte es ihnen künftig allerdings gelingen, genügend Schulen und Krankenhäuser zu bauen und gleichzeitig Jobs zu schaffen, kann eine große junge Bevölkerung zum Motor für Wirtschaftswachstum und Wohlstandsmehrung werden. Wie das geht, zeigen die Erfahrungen der asiatischen Tigerstaaten: Ehemals arme Agrarländer wie Südkorea oder Taiwan sind in vergleichsweiser kurzer Zeit von Entwicklungs- zu Industrienationen aufgestiegen. Ihr Rezept: Durch Investitionen in Gesundheit und Bildung sanken die Geburtenraten schnell und der Versorgungsdruck nahm ab. Gleichzeitig entstand durch die rückläufigen Kinderzahlen ein Überhang an Menschen im Erwerbsalter, die dank vorhandener Arbeitsplätze für einen wirtschaftlichen Aufschwung sorgen konnten. Afrika kann von den Erfahrungen in Asien lernen. Vielleicht folgen den „asiatischen Tigern“ bald „afrikanische Löwen“.

Die Welt von morgen wird heute gebaut. Darum ist es so wichtig, dass die Fragen zu Umweltschutz, Menschenrechten und Globalisierung heute angepackt und nicht auf spätere Zeiten verschoben werden. Die Probleme werden nicht dadurch gelöst, indem man sie ignoriert, sondern wenn man sie umsichtig und zuverlässig angeht. Da sind alle gefragt, Jung wie Alt: die Jungen mit frischen neuen Ideen und die Alten mit ihrer Erfahrung.

Rob, der Baumeister
Natürlich wird die Welt von morgen von Rob, dem Regenwurm, und seinen Freunden gebaut werden. Wer sollte es sonst tun? Wir Menschen können nur „Unbelebtes“ wie Computer, Häuser oder Maschinen bauen. Das Edaphon – zu Deutsch Bodenleben – dagegen zersetzt organisches Material wie Pflanzenreste, Aas, Pilze und Bakterien in kleinste Bestandteile und baut diese wieder zu komplizierten Verbindungen, dem Humus, zusammen. Etwa zwölf Prozent des Edaphons bestehen aus Regenwürmern: Ihre Grabetätigkeit bringt Luft in den Boden, durchmischt die Schichten und verbindet Huminstoffe zu Dauerhumus. Das Bodenleben ist weltweit gefährdet. Bodenversiegelung bringt Rob und seine Freunde ebenso um wie Agrochemikalien. Offener, unbewachsener Boden wird durch Licht, Regen und Wind geschädigt, weggewaschen und verweht. Je weniger Bodenlebewesen ihn zusammenhalten, umso mehr geht verloren. Weltweit droht ein zusätzliches Drittel der Landfläche zu Wüste zu werden. Wir Menschen benötigen für unsere Nahrung aber Boden(leben). Zum Glück lässt es sich auf den meisten Standorten wieder ansiedeln, selbst in der Wüste. Das Edaphon benötigt allerdings Unterstützung: Viel organisches Material, Fruchtfolge, Bewuchs und Verzicht auf Agrochemie. Also Bio-Landbau. Sollten wir es nicht schaffen, gemeinsam mit dem Edaphon fruchtbaren Boden zu erhalten, werden zwar Rob und seine Freunde irgendwann wieder Boden aufgebaut haben, dann aber ohne uns Menschen.

Von der Plage zum Potenzial
Vor einigen Jahren gab es einen interessanten Management-Trend. Führungskräften wurde eingebläut, sie sollten nicht von Problemen sprechen, besser sei: Herausforderung. Wenn wir die Welt gestalten wollen, müssen wir noch weitergehen. Denn die Probleme sind da: Klimawandel, Politikkrise, Flüchtlingsströme. Wenn wir uns diesen Herausforderungen stellen, arbeiten wir gegen sie an, aber lösen sie nicht. Was tun? Oft hilft ein Blick über den Tellerrand. Im Aikido besteht die Kunst darin, den Angriff nicht nur abzuwehren, sondern in eine Verteidigungsbewegung umzulenken, die dadurch doppelt so stark wird. Genauso stecken auch in jedem Problem Ansatzpunkte für die Umkehrung in ein Potenzial. Als Unternehmer haben wir so einen beim Thema biologische Invasoren gefunden. Es handelt sich um Tiere, die durch globalen Handel in fremde Ökosysteme gelangt sind. Sie verdrängen heimische Arten, denn sie haben keine Fressfeinde. Einige gelten in ihren Herkunftsländern als Delikatessen, darunter der Amerikanische Sumpfkrebs, der sich seit einigen Jahren in Berlin wohlfühlt. Aber Moment mal: keine Fressfeinde? Hier liegt das Potenzial: Die Berliner retten mit Genuss ihr eigenes Ökosystem. Schädliche Tiere werden nicht nur beseitigt, sondern die Menschen tun bewusst etwas für ihre Umwelt, ernähren sich gesund und verhalten sich ohne Verzicht nachhaltig. Kleine Schritte können Probleme in Potenziale verwandeln. Das Wichtigste ist: anfangen!

Selbst ist der Mensch
Ich denke, dass es zunächst immer mehr in Richtung Automatisierung von Produktion, Dienstleistungen und Services gehen wird. Doch ich hoffe sehr, dass es eines Tages – hoffentlich nicht zu spät – eine Rückbesinnung darauf geben wird, auch mal selbst wieder das Gehirn einzuschalten, auf Kreativität, Gefühle und Menschlichkeit. Insbesondere wünsche ich mir, dass die Menschen ihre Fähigkeiten nicht verlieren. Wer kann heute noch eine Karte lesen und kommt ohne Navigationssystem ans Ziel?

Urbane Drehkreuze
Wir können es alle nicht mehr hören. Elektromobilität hier, neue Scooter da, autonome Fahrzeuge dort. Und klar ist mittlerweile auch: Die Urbanisierung wird uns noch allen zum Verhängnis werden und wir müssen uns zwangläufig nach neuen Mobilitätslösungen umschauen. Da stellt sich einem die Frage nach dem Allheilmittel für die Mobilität von morgen. Die Antwort hierauf ist nicht trivial, aber trotzdem müssen wir das Rad nicht neu erfinden. Wir müssen es schaffen, bisherige Infrastrukturen effizienter zu nutzen, anstatt neue Straßen zu bauen. In der modernen Städteplanung sollte der Mensch im Mittelpunkt stehen. Die Idee des Bahnhofs als eine Art Mobility Hub muss neu gedacht werden. Ein Drehkreuz, an dem alle Mobilitätskonzepte gebündelt zusammenlaufen und je nach Mobilitätszweck genutzt werden können. So entstehen Angebote um den Nutzer herum, der nach seinen Bedürfnissen Mobilität individuell konsumieren kann. Die Herausforderung besteht darin, zunächst einmal einen physischen Zugangspunkt als Basis für kollaborative Mobilitätskonzepte zu gewährleisten. Der Mehrwert für den Nutzer wird erst danach durch die digitalen Schnittstellen und Dienste geschaffen. Zudem dienen derartige Mobility Hubs in der Zukunft nicht allein nur als Zugangspunkte für Mobilität. Sie werden auch ein Ort sein, an dem neue Konzepte erprobt werden, aber auch Raum für Kreativität schaffen, indem Möglichkeiten des Co-Workings angeboten werden.

Sprung ins Ungewisse
Künstliche Intelligenz (KI) ist en vogue. Technologieriesen, ihre Investoren und globale Beraterfirmen drängen zur Eile: Wer heute nicht KI einrüstet, ist morgen der Verlierer im globalen Wettbewerb. Aber sind Vorstöße wie „KI überall! KI für jedermann!“ vernünftig? KI kann Vorteile haben, etwa als potenzielles Gegenmittel zum Arbeitskräftemangel. Aber beim autonomen maschinellen Ersatz für den Menschen steht die Wirtschaft noch ganz am Anfang. Wer mehr KI baut, verlässt sich auf das Internet of Everything. Denn KI braucht Lagebewusstsein, also jede Menge Daten, um die Umwelt zu verstehen und algorithmische Entscheidungen zu treffen. Selbst wenn wir akzeptieren, dass KI eine gefährliche Technologie ist, weil sie ständig Fehler macht – so wie Menschen auch –, ist die Infrastruktur für KI höchst verwundbar. Die Folgen einer schweren Störung unserer Netzwerke, die manche Staaten vorbereiten, um anderen Staaten ihren Willen aufzuzwingen, können wir uns noch gar nicht ausmalen, weil sie noch nie eingetreten ist. Und wo Staaten radikal neue KI-Lösungen für Waffensysteme ausschreiben, sollte uns allen mulmig sein. Denn KI ist nicht nur Hoffnungsträger. Auch die Kohleförderung war einst als Heilsbringer der deutschen Wirtschaft gepriesen. Erst heute, Jahrzehnte später, wissen wir: Kohleabbau und -verbrennung sind Umweltschädling und Klimakiller sondergleichen. Abwarten, ob sich die KI irgendwann nicht als ähnlich riskant erweist.

Ende eines Monopols
Verfolgt man aufmerksam die öffentliche Debatte, so scheint die Verunsicherung über das herrschende globale Wirtschaftssystem zuzunehmen. Für den Mittelstand gerät das Ziel des Eigenheimerwerbs zunehmend außer Reichweite. Die seit Jahren von der Europäischen Zentralbank auf einem unnatürlich niedrigen Niveau festgesetzten Zinsen animieren nicht zum tugendhaften Sparen, sondern befeuern die Konsumgesellschaft und die Verschuldung. Profiteure dieser Geldpolitik sind große Unternehmen und Superreiche, die sich zu Niedrigstzinsen am Kapitalmarkt verschulden können und mit einem großen Hebel erfolgreich Immobilienspekulationen durchführen. Auch der verschuldete Staat ist über die Niedrigzinssituation erfreut und lässt die Zentralbanken gewähren. Diese Probleme lassen sich, wie Ökonom Gregor Hochreiter in seinem Buch „Krankes Geld, kranke Welt“ hervorragend darlegte, im Kern auf das heutige Schuldgeldsystem zurückführen. Das Aufkommen dezentraler Währungen wie Bitcoin hat erstmals einen signifikanten Anteil der Bevölkerung dazu bewogen, die Herkunft und Natur des Geldes zu hinterfragen. Was als technologisches Experiment begann, hat mittlerweile viele idealistische Individuen motiviert, an einem besseren Geldsystem zu arbeiten und eine solide Alternative zum staatlichen Zentralbankwesen zu entwickeln. Ein nachhaltiges Geldsystem hat das Potenzial, fundamental positive Änderungen innerhalb der Gesellschaft herbeizuführen.

Treibstoff der Zukunft
Der Mobilitätssektor erlebt aktuell einen Wandel historischen Ausmaßes und wird die Welt von morgen nachhaltig prägen. Klar ist: Die Elektrifizierung von Antrieben und die Nutzung erneuerbarer Energien für die Produktion und den Betrieb von Fahrzeugen sind der Schlüssel für eine erfolgreiche und nachhaltige Transformation in der (individuellen) Mobilität. Das begrenzende Element für Reichweite, Nutzungsdauer und Kosten aller elektrischen mobilen Geräte und Fahrzeuge ist nach wie vor die Batterie. Die heutige Lithium-Ionen-Technologie ist dabei besser als ihr Ruf. Sicherheit, Energiedichte, Lebensdauer und Effizienz wurden in den letzten 20 bis 30 Jahren stetig verbessert und gleichzeitig die Produktionskosten drastisch reduziert. Intensiv geforscht wird zudem an neuen elektrochemischen Speichern, die eine weitere Steigerung der Energiedichte und den Ersatz seltener und teurer Batterie-Rohstoffe, insbesondere Kobalt, ermöglichen. So sind beispielsweise Lithium-Schwefel-Batterien schon heute rund 40 Prozent leichter als die besten Li-Ionen-Batterien und somit prädestiniert für Anwendungen in der Luftfahrt. Das elektrische Fliegen wird dabei zu einem weiteren Meilenstein im Wandel der Mobilität. Eine erfolgreiche und nachhaltige Transformation wird jedoch nur durch ein Zusammenspiel von gesellschaftlichem Umdenken, klugen politischen Entscheidungen und zukunftsweisenden technologischen Entwicklungen möglich.

Angst vor Künstlicher Intelligenz ist nicht zwangsläufig und Roboter können nur dass, was der Mensch ihnen zeigt. Ich glaube nicht, dass sie das Zepter übernehmen werden. Natürlich kann jede Technologie missbraucht werden. Wenn sich der Mensch an ethische Regeln hält, könnten Roboter dem Menschen in vielerlei Hinsichten helfen und sie entlasten. Zuviel Science Fiction schürt nur unnötig Ängste. Ich glaube auch nicht, dass der Mensch dann als Arbeitskraft nicht mehr benötigt wird, es wird andere Tätigkeitsfelder geben. Es ist wie mit der roten Biotechnologie. Im Bereich der Medizin ist sie akzeptiert, denn da liegt der Nutzen für den Patienten auf der Hand. Bei der grünen Biotechnologie ist das Gros der Verbraucher skeptisch. Hier wurde die Aufklärungsarbeit nicht goutiert oder bis heute falsch verstanden. Das zeigt, wie labil Akzeptanz und Nutzen neuer Technologien sind. Mit Sicherheit werden multinationale Konzerne ihre Macht ausweiten wollen. Dagegen brauchen wir eine Politik, die vernünftig gegensteuert. Es wird sicher beides geben: Konzerne, die versuchen werden, unsere Zukunft für ihren Profit zu gestalten, und andere, die sich zurückhalten. Dieses Verhalten kann man heute schon beobachten. Die globalisierte Welt wird in naher Zukunft mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Rolle rückwärts machen, aber dann feststellen, dass sie im Isolationismus nicht prosperieren kann.

Ich und du
Ich glaube, Vielseitigkeit, Offenheit und Willenskraft gestalten die Visionen der Zukunft. Und irgendwie glaube ich, wir sollten das alle gemeinsam tun und die Möglichkeiten unserer modernen Kommunikation nutzen. Damit nicht eine Künstliche Intelligenz dann irgendwann in der Zukunft mal alles entscheidet.

Wer, wenn nicht wir
„Wenn das, was ist, nicht veränderbar ist, ist das, was ist, verloren“, wusste Theodor Adorno. Heißt wohl auch, auf den Erfahrungen von gestern innovativ das Morgen zu gestalten – in allen Lebensbereichen. All das vorhandene Know-how endlich zu nutzen, zum Wohle von Mensch, Tier und Natur einzusetzen, nicht dem Profit dienend. Keine Sorge: Dieser stellt sich ein, wenn mit Verantwortung etwas überzeugend angeboten wird, dann wird es auch nachgefragt werden. Eigentum verpflichtet, auch die Industrie ist in der Pflicht. Sie wird von uns Menschen geformt, so wie die Politik. Wir alle sind gefragt, verantwortlich – egal, auf welcher Seite wir stehen. Denn eines ist gewiss: Wir stehen alle auf dieser einen Erde. Wer baut die Welt von morgen? Die Antwort: Wir.

Offen für bewährte Konzepte
Wir leben in einer Zeit des Umbruchs: Globalisierung, Digitalisierung und Vernetzung eröffnen für den Personen- und Güterverkehr ganz neue Möglichkeiten. Der Preis dafür ist ein wachsendes Verkehrsaufkommen, das den CO2-Ausstoß immer weiter in die Höhe treibt. Carsharing-Angebote und ein stärkerer Einsatz des Öffentlichen Nahverkehrs sind wichtige Bausteine, um dieser Entwicklung entgegenzuwirken. Sie allein reichen aber nicht aus. Auch bei den eingesetzten Kraftstoffen müssen wir umdenken, wenn die Verkehrswende endlich an Fahrt aufnehmen soll. Als Transitland und Logistikstandort muss sich Deutschland breit aufstellen und all jenen Antriebsalternativen eine Chance geben, die nachweislich zum Klimaschutz beitragen. Eine davon ist Bio-Erdgas. Ob in gasförmiger oder flüssiger Form, es ist derzeit der einzige Kraftstoff, mit dem man hierzulande heute nahezu CO2-frei fährt. Auch der Ausstoß von Stickoxiden und Feinstaub wird so auf ein Minimum reduziert. Ein weiterer Vorteil: Die reichweitenstarken Erdgas-Fahrzeuge sind leise unterwegs – ein entscheidender Pluspunkt für Speditionen, die ihre Waren zunehmend nachts ausliefern. Die Stadt Augsburg beispielsweise setzt bei ihrer Busflotte auf den Kraftstoff und erfüllt damit schon heute das Klimaziel für 2050. Verbrennungsmotor und Klimaschutz müssen kein Widerspruch sein. Zeit also, dass wir in einem offenen Wettbewerb der Mobilitätskonzepte unser Verkehrssystem der Zukunft finden.

Die Zukunft ist weiblich. Zumindest wenn man den Begriff „bauen“ wörtlich nimmt, denn momentan studieren mehr Frauen als Männer Architektur. Gegenwärtig sind noch weniger als ein Drittel der Architekten Frauen, aber die Männerdomäne bröckelt. Frau Architektin baut mal sehr minimalistisch, mal bunt und fantasievoll, praktisch und lebensnah. Das zeigt gerade eine Werkschau im Hamburger Museum der Arbeit noch bis Anfang September.
Wolfgang Streit, Professor für Mikrobiologie und Biotechnologie, Universität Hamburg