
Wie bleibt Energie sicher und bezahlbar?
Die Tage von Atomkraftwerken und Kohlemeilern in Deutschland sind gezählt. Wir werden also zunehmend abhängiger von Wind-, Wasser- und Sonnenenergie – die Natur interessiert sich bekanntermaßen nicht für Nachfragespitzen. Verraten Sie uns, wie wir trotz der Umstellung auf erneuerbare Energien die Versorgungssicherheit zu bezahlbaren Preisen gewährleisten können.

System mit Hindernissen
Kostengünstige Energie für jeden basiert auf der Idee, unterschiedliche Energiequellen in einem europäischen Energiemarkt zu bündeln und dort für jeden Abnehmer flexibel bereitzustellen. Diese Idee lässt sich nur umsetzen, wenn verschiedene Energieerzeuger mithilfe digitaler Kommunikation das Stromnetz bedarfsgerecht steuern. Gleichzeitig findet eine Energiewende hin zu dezentralen, erneuerbaren Energieträgern statt, die eine bedeutsame digitale Transformation benötigt. Die Gesetze der physischen Massen, die heute in Großkraftwerken durch riesige Turbinen wirken und unser Energienetz stabilisieren, müssen zukünftig durch Informationstechnologie ausgeregelt werden. Ein Angriff auf diese digitalen Regelmechanismen würde zwangsläufig zu Energieausfällen führen. Die Bedrohungsoberfläche steigt enorm, sei es durch mehr vernetzte Systeme oder durch eine Vernetzung dieser Systeme mit Verbrauchern und anderen Teilnehmern des Netzwerks wie Solaranlagen oder Elektroautos. Wer haftet, wenn nicht Sie, sondern Ihr Haus, Auto oder Kühlschrank ein Kraftwerk hackt? Dies ist selbst für Juristen Neuland. Während für die Zulassung neuer Fahrzeuge demnächst eine Cyber-Security-Regulierung erlassen wird, ist das für Gebäudetechnik nicht erkennbar. Sicherer Strom wird nur möglich sein, wenn ein strategisches Vorgehen zur digitalen Sicherheit auf europäischer Ebene implementiert wird. Die aktuellen Bestrebungen lassen diese notwendige Weitsicht vermissen.

Mitten im Wandel
Neben Sicherheit und Bezahlbarkeit ist CO2-Freiheit ein weiterer wichtiger Aspekt unserer Energieversorgung. Anders als bei fossilen Großkraftwerken ist die regenerative Erzeugung dezentralisiert und folgt nicht dem Bedarf sondern der Verfügbarkeit von Wind, Sonne oder Wasser. Das ändert vieles. Zum Aspekt der Sicherheit: Dezentrale Systeme sind im Sinne der Systemverfügbarkeit in der Regel sicherer als zentrale Systeme. Das erschließt sich leicht, denn Ausfälle sind örtlich begrenzt und Redundanzen höher. Der berühmten „Dunkelflaute“ wird durch erheblichen regenerativen Erzeugungsüberschuss in Verbindung mit Netzausbau, allen Arten von Speichern und insbesondere der Sektorenkopplung begegnet. Zudem ist die Digitalisierung in allen Bereichen unabdingbar und von höchster Priorität. Denn zum Schutz vor externen Angriffen sind dezentrale Systeme auf sichere IT-Strukturen angewiesen. Zum Aspekt der Kosten: Im Finanzbereich gilt das Motto „Whatever it takes“. Das muss erst Recht für den Erhalt des Planeten gelten. Ist die Kostenwälzung dabei noch richtig? Nein. Unter der Maßgabe des Ziels müssen alle Systembeteiligten regulatorisch neu orchestriert werden. Das gilt für energiepolitische Instrumente wie auch für Steuern, Abgaben und Netzentgelte. Dabei wird es ein Neuaufsetzen benötigen, denn mit „weiteren Balkonen“ an den Bestandsregularien steigen die Kosten. Wirtschaft und Privatverbraucher sind auf eine bezahlbare CO2-freie Energie angewiesen.

Alle mitnehmen
In Großbritannien und den USA steht F als Schulnote für ungenügend. Fridays for Future, also F F F, steht sinnbildlich für unsere aktuelle Klimabilanz. Die jungen Leute gehen für die richtige Sache auf die Straße, aber die meisten von ihnen mussten noch nie eine Stromrechnung bezahlen. Viele Perspektiven verändern sich, wenn man älter wird. Auch für diese Generation wird dies der Fall sein. Vor kurzem habe ich gelesen, der Durchschnittsdeutsche verdient 3.100 Euro brutto im Monat. Wer auch immer dieser Durchschnittsdeutsche sein soll, an einer Kasse sitzt er sicherlich nicht, auch pflegt er nicht meine Mutter. Aber genau für diesen Personenkreis, der unser tägliches Leben erst in der Form, wie wir es führen, ermöglicht, ist ein steigender Strompreis auch eine existenzielle Frage. Auf keinen Fall sollten wir Energie – Licht an, Licht aus – für selbstverständlich nehmen. Uns vielleicht dreimal überlegen, ob wir den Wasserhahn beim Zähneputzen laufen lassen. Aber wer den Euro insbesondere in dieser schwierigen Zeit dreimal umdrehen muss, der fragt sich zurecht: Wo geht die Reise hin? Kann ich noch leben neben der Arbeit oder muss ich alles in Miete und Lebenserhaltungskosten investieren?

Gewinn für die Region
In unserer Gemeinde wurde zur Jahrtausendwende eines der größten Pumpspeicherwerke Europas errichtet. Wie der Name schon sagt, muss das Wasser zunächst aus einem Wasserspeicher im Tal in einen höher gelegenen Speicher auf eine Bergkuppe gepumpt werden. Es ist also kein reines Wasserkraftwerk, sondern ein Energiespeicher. Die Eingriffe in die Natur waren unbestritten hoch. Es wurden mehrere Hektar Wald gerodet und eine Umgehungsstraße neu errichtet. Inzwischen haben sich die Eingriffe aus meiner Sicht kompensiert. Zwar mussten Waldflächen weichen, aber dafür sind mit dem rund 8,5 Hektar großen unteren Speicherbecken neue Lebensräume entstanden. Dort wurden zum Beispiel spezielle Flachwasserzonen für Wasservögel angelegt, die seither verstärkt beobachtet werden können. Selbst der seltene Schwarzstorch ist häufig anzutreffen. Für Bewohner der Region und Touristen sind die entstandenen Wasserspeicher zudem beliebte Ausflugsziele zum Wandern und Entspannen. Mein Fazit: Wasserkraftwerke sind mit erheblichen Eingriffen in die vorhandene Naturlandschaft verbunden. Mit entsprechenden Ausgleichsmaßnahmen entwickeln sich aber in und um den Wasserspeicher neue Lebensräume für einen größeren Artenreichtum. Ich sehe in der Nutzung der Wasserkraft eine gute wirtschaftliche Lösung, die langfristig auch mit dem Naturschutz vereinbar ist. Leider gibt es in Deutschland zu wenig Standorte, die für ein Wasserkraftwerk geeignet sind.

Fossiler Sockel
Es ist sicherlich richtig, alle Potenziale der erneuerbaren Energien für unsere Stromversorgung auszunutzen. Aller- dings gibt es sowohl beim Ausbau des Übertragungsnetzes in Gestalt der so- genannten Stromautobahnen als auch von Windenergieanlagen und Wind- parks erhebliche Defizite. Solange die entsprechenden Genehmigungsver- fahren durch den Gesetzgeber nicht deutlich von Hindernissen für eine zügige Entscheidung entschlackt wer- den, laufen wir Gefahr, dass Strom am Ende zum Luxusgut und für viele Bürger unbezahlbar wird. Angesichts dieser Sachlage sollte ein Sockel aus verfügbaren heimischen fossilen Ener- gieträgern für längere Zeit erhalten bleiben. Erst wenn das Angebot aus erneuerbaren Energieträgern stabil ist, kann auf den Sockel verzichtet werden.

Weiterdenken
Atomkraftwerke galten lange als die Lösung für unsere Energieproble- me. Mit der Endlagerung hatte sich damals aber noch niemand befasst. In meinen Augen sollte mehr in die Forschung gesteckt werden, um dieses Problem endgültig zu lösen. Statt- dessen wird in Windkrafträder investiert, die, nachdem sie ausrangiert werden, auch irgendwo verrotten müssen. Vieles wird auch heute nicht zu Ende gedacht. Nur neu bauen und auf das Beste hoffen, das wird uns wie in der Vergangenheit auch in Zukunft auf die Füße fallen. Wohin mit dem Schrott? Ähnlich wie viele Bohrinseln im Meer versenken, kann nicht die Lösung sein. Weiterdenken ist daher die Devise. Noch nie war der Satz „Heute schon an morgen denken“ passender. Nur wird es jetzt mal Zeit, dass das auch passiert. Ich hoffe auf derzeitige und zukünftige Weitsicht.

Der Motor stockt
Deutschland schaltet 2022 das letzte Atomkraftwerk ab und hat 2019 den Kohleausstieg beschlossen. Künftig liefern vor allem Windräder und Solaranlagen den Strom – klimafreundlich, sicher und bei neuen Anlagen zu Kosten, die niedriger sind als bei allen anderen Kraftwerken. An den wenigen Tagen, an denen es sowohl dunkel als auch windstill ist, springen dann Gaskraftwerke ein. Diese werden schon heute mit vergleichsweise klimafreundlichem Erdgas betrieben. Künftig verbrennen sie aus Ökostrom erzeugtes Methan und werden so treibhausgasneutral. Allerdings ist Deutschland bei der Umsetzung der Energiewende langsam geworden. So wie wir heute bauen, werden erneuerbare Energien bis 2030 nur auf einen Anteil von 55 Prozent am Strommix kommen und nicht wie vereinbart auf 65 Prozent, damit wir unsere Klimaschutzziele erreichen. Das liegt vor allem am stockenden Ausbau von Windrädern an Land. Die Bundesregierung versäumt hier seit drei Jahren, die Handbremse zu lösen und einen klaren Weg für den Zubau an Windkraftanlagen vorzugeben. Tausende Arbeitsplätze sind dadurch schon verloren gegangen. Auch ein stärkerer Ausbau von Photovoltaik und Windenergie auf See kann diese Versäumnisse nur teilweise aufholen. Das gilt insbesondere, wenn die Stromnachfrage durch zusätzlichen Strombedarf in der Industrie noch ansteigt. Deswegen brauchen wir ausreichend Flächen für den Bau von Windrädern und schnellere Planungs- und Genehmigungsverfahren.

Das Prinzip Sparen
Die beste Energie ist die, die nicht verbraucht wird. Effizienz ist das Zauberwort, mit dem Haushalte und Wirtschaft Kosten sparen und etwas für die Umwelt tun können. Es gibt diverse technische Lösungen, aber die beste Lösung ist immer noch, den gesunden Menschenverstand einzusetzen.

Generationenaufgabe
Günstige Energie ist die treibende Kraft unserer Wirtschaft und unseres persön- lichen Komforts. Schon früh wurde er- kannt, dass eine ungehemmte Nutzung zu negativen Auswirkungen auf die Umwelt und auch im sozialen Gefüge führt. Die Bereiche Mobilität, Produk- tion, Kommunikation und Wärme wer- den dadurch mit zusätzlichen Kosten belastet. Von jedem Einzelnen wird beim Verbrauch und auch in der Erzeu- gung viel mehr Eigeninitiative erwartet, um Energie als kommunales Gut sicher und bezahlbar zu halten. Erster Ansatz einer Lösung ist es, den Konsum auf heutigem Niveau zu überdenken und Erkenntnisse bei der Einsparung be- kannt zu machen. In Großbritannien müssen Großverbraucher inzwischen eine Reduktion des Energieverbrauches nachweisen, um die Lücke von aktuel- ler Produktion zur nachhaltigen Erzeu- gung zu schließen. Der zweite Ansatz, die Eigenerzeugung wäre mit Photovol- taik, Kleinwindanlagen, Speichern oder Forsten sehr einfach. Doch wird dies gerade in der Novelle des Erneuerbare- Energien-Gesetzes durch Kosten für nicht genutzte Netzdurchleitung beim Eigenverbrauch torpediert. Energie wird durch verantwortlichen Konsum, angepasste Erwartungen in die Sicher- heit und Mitarbeit zur Generierung er- schwinglich bleiben.

Aus der Balance
Die Entgelte für das Stromnetz machen für Haushaltskunden ein knappes Viertel des Strompreises aus. Über diesen Teil wacht die Bundesnetzagentur. Die Netzentgelte sind in den letzten drei Jahren nicht mehr gestiegen und damit nicht verantwortlich für den Anstieg der Strompreise im vergangenen Jahr. Es bleibt aber eine zentrale Aufgabe, auch für die Zukunft sicherzustellen, dass nur solche Kosten in die Netzentgelte einfließen, die für eine sichere Stromversorgung und für das Gelingen der Energiewende erforderlich sind. Ein Bestandteil der Netzentgelte sind die Kosten für die Stabilisierung des deutschen Stromnetzes. Wenn im Norden viel Windstrom produziert wird, der nach Süden, wo er gebraucht würde, nicht abtransportiert werden kann, weil das Stromnetz nicht ausreichend ausgebaut ist, muss Erzeugung im Süden teuer hoch- und im Norden gegen Entschädigung heruntergefahren werden. 2019 fielen für diese Stabilisierung des Stromnetzes Kosten von 1,2 Milliarden Euro an. Das ist zwar weniger als im Vorjahr, die niedrigeren Kosten sind allerdings nur eine Momentaufnahme. An der grundsätzlichen Problematik hat sich nichts geändert. Ändern wird sich das erst, wenn das Stromnetz besser ausgebaut ist und der Windstrom ohne Engpässe nach Süddeutschland transportiert werden kann. Dann sinken auch die Kosten für die Systemstabilisierung wieder.

Mikropower für überall
Wind und Sonne ersetzen Kohle und Atomkraft – ganz so einfach ist es leider nicht. Damit unser Energiesystem zukunftsfähig bleibt, müssen auch Anlagen bereitstehen, deren Erzeugungsleistung kalkulierbar ist und die trotzdem jederzeit effizient und umweltschonend Strom liefern. Eine Aufgabe, die Brennstoffzellen auf sehr klimafreundliche Weise übernehmen können. In ihnen reagiert Wasserstoff mit Sauerstoff und dabei entstehen Strom und Wärme. Diese dezentralen Mikro-Kraftwerke können somit ideal zur Eigenstromerzeugung oder als Ergänzung zu EEG-Anlagen eingesetzt werden – eine Leistung, die der Staat mit einer attraktiven Förderung unterstützt. Mit dem Bluegen BG-15 vom Brennstoffzellen-Pionier SOLIDpower aus Deutschland können Haushalte und Gewerbekunden bereits heute von dieser Technologie profitieren. Die Anlage zeichnet sich durch den derzeit höchsten elektrischen Wirkungsgrad von bis zu 57 Prozent aus – dieser liegt bei herkömmlichen, motorischen Anlagen der Leistungsklasse bei rund 25 Prozent. Das bedeutet niedrige Kosten, geringe CO2-Emissionen, keine Schwefel- und Stickoxide und keine Partikel-Emissionen. Brennstoffzellen sind zudem „Wasserstoff-Ready“ und können in Zukunft vollständig klimaneutral betrieben werden, sobald der dafür notwendige Wasserstoff oder grünes Methan flächendeckend zur Verfügung stehen. Mehr als 1.800 Haushalte, Gewerbe- und Industriebetriebe setzen bereits auf Brennstoffzellensysteme von SOLIDpower.

Element mit Zukunft
Wir müssen einfach auf die richtigen Energieformen setzen. Elektroautos sind meiner Meinung nach nicht zukunftsfähig. Es wird Braunkohle verbrannt, um Strom zu erzeugen, mit dem dann die Akkus geladen werden. In der Nordsee ist ausreichend Wind vorhanden, auch Windräder zur Stromerzeugung. Der Strom kann von dort jedoch nicht transportiert werden. Mit dem in der Nordsee erzeugten Strom könnte Wasserstoff hergestellt werden, der dann als Treibstoff für Wasserstoffautos verwendet werden kann. Als Verbrennungsrückstand entsteht Wasser. Meiner Meinung nach ist das die Zukunft.

Das Denken umstellen
Der Bedarf an Energie auf diesem Erdball wächst stetig. Langsam, aber sicher wächst sogar der Bedarf an ihrer Sauberkeit. Das erstgenannte Bedürfnis könnte ruhig langsamer wachsen, das zweitgenannte schnel- ler, überall – allen Bewohnern die- ser Erde zuliebe. Zu bewerkstelligen ist dies nur mit einer Änderung des Bewusstseins der meisten Menschen. Atom-, Kohle- und Ölstrom sind dre- ckig und unsicher, das ist eine Tat- sache – das denkt jedoch nicht jeder. Wasserkraftwerke, Windräder und Solarstromflächen erzeugen sauberen Strom. Dass diese jedoch als so häss- lich empfunden werden, liegt haupt- sächlich an der Sichtweise. Um die kilometerlangen Reihen von Hoch- spannungsmasten bis an den Hori- zont kommen wir nicht herum, wenn überall Strom hinsoll. Stromsparen ist auch effektiv und die sauberste Stromquelle überhaupt, aber leider noch nicht stark genug im Bewusst- sein verankert. Für diese Bewusst- seinsänderung sollten sich Menschen aller Couleur einsetzen: vom einfa- chen Arbeiter bis zum Präsidenten. In allen muss das Bedürfnis nach sau- berer Energie eingepflanzt sein.

Volk der Stromerzeuger
Sichere und bezahlbare Energie muss fair sein und weder Mensch noch Natur ausbeuten. Grüne Energie ist leider ein ausgebrannter Begriff, obwohl das die Zukunft und die Antwort auf die Frage ist. Wenn alle anfangen würden und könnten, sich autark mit Energie zu versorgen, würde das die Umwelt zusätzlich entlasten. Wenn ich mich um meinen eigenen Strom kümmern muss, dann kann ich diesen auch sicher und bezahlbar gestalten.

Mehr Engagement wagen
Eine sektorenübergreifende Energiewende funktioniert wie ein umfassendes Investitions- und Innovationspaket: Sie setzt Anreize für Klimaschutztechnologien, kurbelt Industrie und Dienstleistungen an und schafft so Beschäftigung entlang der Wertschöpfungskette. Dabei beschränkt sich die Investitionsnachfrage nicht auf die typischen Felder der Energiewende, sondern setzt Impulse in verschiedensten Wirtschaftssektoren. Hier profitiert die Stahlindustrie von den Bestellungen der Windindustrie ebenso wie der Handwerksbetrieb in der Nachbarschaft, der eine Solaranlage aufs Dach oder eine Wärmepumpe in den Keller baut. Erneuerbare-Energien-Technologien sind zudem ein kontinuierlich starker Exportfaktor. Klimaneutralität bis 2050? Wird erreicht, wenn alle Knöpfe in die richtige Richtung gedreht werden. An den passenden Rahmenbedingungen hakt es vielfach noch, was zu unnötigen Kosten führt. Zudem verzögert dies den Umbau auf die modernen und klimafreundlichen Technologien und Infrastrukturen. Die Energiewende muss zusammen gedacht werden, schließlich bedingt vielfach das eine das andere. Ein deutlich engagierterer Ausbau der erneuerbaren Energien ist grundlegend – nicht nur für die Stromversorgung in Haushalt und Industrie. Er wird auch zunehmend für andere Bereiche gebraucht: für mehr batterieelektrische Fahrzeuge, Wärmepumpen und zur Wasserstoffproduktion.

Der Mix macht’s
Mit der Stromwende sollen Kohle und Kernenergie ersetzt werden, und zwar allein durch Wind- und Sonnenenergie. Das kostet jährlich bis zu 70 Milliarden Euro, gesamthaft so viel wie die Wiedervereinigung. Der Strompreis ist bereits jetzt Spitze in Europa und wird wohl weiter steigen. Zwar ist die Stromwende bisher recht erfolgreich, aber zunehmender Widerstand verzögert den Ausbau samt Netz- und Speicherinfrastruktur und lässt eine Ökostromlücke befürchten – künftig umso mehr, als sich der Strombedarf durch E-Mobilität, Digitalisierung und Gebäudeklimatisierung verdoppeln wird. Wind- und Solaranlagen wären bis 2050 auf das Sechsfache der heute installierten Leistung zu steigern, notfalls CO2-freier Strom zu importieren, wie es aber auch anderen Ländern vorschwebt. Nur: Jüngste Ereignisse zeigen, dass ökonomische Stabilität oder gar Solidarität zwischen Staaten in Zweifel stehen. Höchst fahrlässig wird diese Strategie, missachtet man zudem das bewährte Prinzip der Diversifizierung. Vielmehr müsste – das Gebot der Dekarbonisierung beachtend – eine heimische Stromproduktion sichergestellt werden, und zwar über einen Mix, der jetzt, um Zeit zu gewinnen, den Weiterbetrieb laufender Kernkraftwerke zulässt und künftig einen bescheidenen Anteil Kernkraft einschließt. Es gibt bereits Anlagenkonzepte, die die Furcht vor schweren Unfällen gänzlich nehmen, die Atommüllproblematik entspannen und damit sozialverträglich werden könnten.

Ungenutzte Potenziale
Meiner Meinung nach liegt der Schlüssel zur Sicherung der Energie- versorgung aus alternativen Energien in der Technik der Energiespeiche- rung. Dabei muss nicht nur das Ab- decken von Bedarfsspitzen, sondern auch die Sicherung der Grundlast gewährleistet sein. Sonne und Wind stehen dafür in ausreichender Menge zur Verfügung. Bei der Technik der Energieumwandlung und -weiterlei- tung sind wir deutlich fortgeschrit- tener als in der Technik des Spei- cherns. Ein ebenso wichtiger, leider zu wenig beachteter Lösungsweg ist der sorgsame Umgang mit Energie. Die Einsparpotenziale sind gewaltig, werden aber aufgrund der derzeit immer noch günstigen Energiepreise nicht ausgeschöpft. Jedes Kilowatt eingesparte Energie braucht nicht erst erzeugt, gewandelt, transpor- tiert oder gespeichert werden. Allein die Energieverluste bei diesen Vor- gängen sind exorbitant. Wenn wir uns für den achtsamen Umgang mit Energie sensibilisieren, wird der Be- darf deutlich sinken. Wenn wir unse- ren Verbrauch reduzieren, kann der eingesparte Preis als Umlage in die Umstellung auf erneuerbare Ener- gien und die Entwicklung von Spei- chermedien investiert werden, ohne den Einzelnen mehr zu belasten.

Ohne Gas geht nichts
Selbst die grünen Strom- und Fernwärmenetze werden nach dem Kohleausstieg im Jahr 2038 eine witterungsunabhängige Strom- und Heizreserve brauchen, um wochenlange Dunkelflauten im Winter überbrücken und Netzschwankungen ausgleichen zu können. Deshalb werden in Netzschwerpunkten gasbefeuerte Regel- und Heizkraftwerke sowie zusätzliche Strom- und Wärmespeicher, zum Beispiel Pumpspeicher, Power-to-Gas und Salzbadspeicher, benötigt. So wurden in den letzten Jahren beispielsweise in Köln, Düsseldorf und Kiel gasbefeuerte Regel- und Heizkraftwerke anstelle von Kohleblöcken gebaut. In Berlin werden derzeit vier Heizkraftwerke diesbezüglich nach- beziehungsweise umgerüstet. Weitere werden folgen müssen, wenn wir in Notzeiten nicht auf Kohlestrom aus Polen und Atomstrom aus Frankreich angewiesen sein wollen. Was die Preise dafür betrifft, so müssten private Profiteure zurückgedrängt werden. Das heißt: Die Energiewirtschaft müsste wieder in öffentliches Eigentum zurückgeführt werden.

Bunter Mix
Aus meiner Sicht bleibt Energie sicher und bezahlbar, wenn sie aus vielen verschiedenen Quellen kommt, die sich gegenseitig ergänzen. Allein die heimischen Quellen wie Sonnenenergie, Gezeitenkraft, nachwachsende Rohstoffe und Erdwärme sind größtenteils noch unerschlossen, sodass der Mix an nachhaltigen Energiequellen in Zukunft noch bunter werden kann.

Konsequent weitergehen
Die Frage, ob die Gewährleistung der Versorgungssicherheit mit erneuerbaren Energien zu bezahlbaren Preisen möglich ist, wird seit geraumer Zeit in unserer Gesellschaft diskutiert. Von vielen Menschen wird die Abkehr von der bisherigen Energiewirtschaft und die Umstellung auf erneuerbare Energie mittlerweile als alternativlos anerkannt. Welche Schritte sind notwendig, um die Transformation hin zu einer CO2-neutralen Gesellschaft zu erreichen? Der eingeschlagene Weg der europäischen Energiewende muss konsequent weitergegangen werden. Das Beharren auf alten bestehenden Anlagen und Gewohnheiten ist aus vielen Gründen nachvollziehbar, aber nie war das Zitat „Stillstand ist Rückschritt“ wahrer als in unserer heutigen Zeit. Es braucht eine Politik, die erneuerbare Energien fördert, die offen ist für neue Technologien, die es Bürgern ermöglicht, selbstproduzierten Strom zu verbrauchen oder ins Stromnetz einzuspeisen, die Energiesparen belohnt. Den bestehenden Energieunternehmen muss ein klarer Weg vom Status quo hin zur nachhaltigen Zukunft aufgezeigt werden. Wir werden Unternehmen brauchen, die die Energiesicherheit der Zukunft sicherstellen, aber vor allem brauchen wir aufgeklärte Bürger, die mit dezentralen Projekten selbst die Energiewende gestalten. Wenn es die Politik schafft, dass sich jeder Bürger als Teil der Energiewende sieht, wird die Versorgungssicherheit mit erneuerbaren Energien zu bezahlbaren Preisen gelingen.

Energiewende mit Backup-Plan
Der Ausbau der erneuerbaren Energien muss so weit vorangetrieben und geografisch gestreut werden, dass an 80 bis 90 Prozent der Zeit der Energiebedarf voll gedeckt werden kann. Für Zeiten, an den
Guido Gluschke, Direktor Institute for Security and Safety (ISS), Technische Hochschule Brandenburg