
Was ist die Zukunft des Journalismus?
Als das Internet zur Jahrtausendwende richtig groß wurde, prophezeiten Medienwissenschaftler den baldigen Tod des klassischen Journalismus. 20 Jahre später kann davon zwar keine Rede sein, die Transformation ist aber trotzdem in vollem Gange. Schreiben Sie uns, was für Sie guten Journalismus von morgen ausmacht und von wem er gemacht werden sollte.

Lotsen der Information
Neue Medien und neue Techniken verdrängen die alten Medien nicht, sondern ergänzen und verändern sie. Schon heute und noch mehr in der Zukunft haben wir nicht zu wenig Informationen, sondern eher zu viel. Gerade deshalb brauchen wir kompetente Journalistinnen und Journalisten, die die Spreu vom Weizen trennen. Sie sollten sich als Lotsen in der Informationsflut begreifen und Orientierung geben. Schon im Jahre 1695 hat sich der Privatgelehrte Kaspar Stieler mit Fragen der journalistischen Qualität befasst. In seinem Buch „Zeitungs Lust und Nutz“ fordert dieser welterfahrene Mann von den aktuellen Medien seiner Zeit einen engen Bezug zur Wirklichkeit: Der Journalist solle über Zustände und Ereignisse berichten, ohne überall seinen „Senf darüber her [zu] machen“. Er dürfe keine Lügen und eigene Erfindungen verbreiten, sondern nur, was „alles sich so und anders nicht begeben habe“. Er müsse „das Wichtige und Weitaussehende von Lappalien zu unterscheiden“ wissen, also die Relevanz von Nachrichten richtig einschätzen. Er müsse seine Quellen kritisch prüfen und „unparteyisch“ sein. Und er solle die Informationen in einem flüssigen, verständlichen Stil vermitteln: „Wortwandlungen oder Blumwerk gehören in die Zeitungen nicht – so wenig wie Poetische Grillen und neu erfundene Worte.“ Diese Ratschläge für guten Journalismus haben auch nach mehr als dreihundert Jahren nichts an Aktualität verloren.

Guter Journalismus ist die Basis einer Demokratie
Wir brauchen Journalismus, um bei der Auswahl und Sortierung relevanter Nachrichten in Zeiten medialer Informationsflut zu helfen. Darüber hinaus ist guter Journalismus vor allem von nicht zu unterschätzender Relevanz als Basis einer demokratischen Gesellschaft, die Entscheidungen auf fachlicher Grundlage trifft. Deshalb ist es wünschenswert, dass auch Journalistinnen und Journalisten selbst und viel mehr als aktuell strenge Maßstäbe an ihre Tätigkeit anlegen: Die Prüfung von Quellen, die Nutzung von mindestens zwei unabhängigen Quellen, die strikte Trennung von Information und Meinung. Da mit modernen Medien viele Manipulationsmöglichkeiten zur Verfügung stehen, muss guter Journalismus umso strengere Kriterien für die eigene Arbeit entwickeln. Und diese nicht aufweichen, was eine ökonomische Herausforderung sein kann. Der Boulevardjournalismus verkauft sich leider besser, so dass auch seriöse Verlage und Medienanstalten oftmals der Versuchung reißerischer Überschriften und emotionalisierter Berichterstattung unterliegen.

Ohne Journalismus kein intelligentes Leben
Der Journalismus wird uns auch ohne bedrucktes Papier die Denkanstöße geben, die wir als Hirnnahrung brauchen werden
Walter Hömberg, Kommunikationswissenschaftler, Leser