
Was ist die Zukunft von Antibiotika?
Der übermäßige Gebrauch von Antibiotika hat in den vergangenen Jahrzehnten dazu geführt, dass immer mehr Bakterien Resistenzen entwickeln – und Infektionen nicht mehr mit den bekannten Arzneimitteln behandelt werden können. Trotzdem sind kaum neue Antibiotika auf den Markt gekommen. Die Laborforschung im Kampf gegen resistente Erreger scheint für Unternehmen nicht lukrativ genug zu sein. Schreiben Sie uns, was es braucht, damit lebensrettende Medikamente langfristig wirksam bleiben.

Vonnöten: drastische Reform der Tierhaltung
Die Entstehung antimikrobieller Resistenzen ist an sich ein natürlicher Prozess. Überaus bedenklich, gar bedrohlich, wird dieser Prozess erst, wenn übermäßiger, falscher oder missbräuchlicher Einsatz von Antibiotika die Entstehung von Resistenzen drastisch beschleunigt. So wie im Rahmen der industriellen Tierhaltung: Hier werden Antibiotika regelmäßig in hohen Mengen verabreicht, um den Problemen zu begegnen, die sich aus der Hochleistungszucht, der Haltung in großen Gruppen und Beständen, falscher Fütterung und weiteren intensiven Haltungsansätzen ergeben. Von Geburt an krankheitsanfälligere Tiere werden schlicht unzumutbaren Lebensbedingungen ausgesetzt. Ihr ohnehin kurzes Überleben innerhalb der wenigen Wochen bis zur Schlachtung kann nur durch Antibiotika gesichert werden. Auch wenn nur wenige Tiere erkranken, wird über das Futter oder die Tränken meist die ganze Gruppe behandelt. Werden die unzumutbaren Bedingungen der Tierproduktion durch die übermäßige Vergabe von Antibiotika kaschiert, drohen gesundheitsschädliche bis hin zu lebensgefährliche Auswirkungen auf den Menschen. Die industrielle Tierhaltung, auch aus vielerlei anderen Gründen in der Kritik, muss dringend beendet werden. Sogenannte Reserveantibiotika, die für Menschen oft das letzte wirksame Mittel darstellen, gehören verboten. Darüber informieren wir mit Germanwatch und setzen uns für politische Konsequenzen ein.

Mit Maß und Ziel
Generell muss ein Umdenken bei der Verwendung von Antibiotika stattfinden. Wir müssen davon wegkommen, wegen jedem noch so kleinen Zipperlein sofort Antibiotika anzuwenden bzw. die Ärzteschaft dieses zu verschreiben und zu empfehlen. Leider nehmen wir auch ungewollt, ohne es zu wissen, über unsere Nahrung Antibiotika auf. Viele Nutztierzuchtbetriebe können Ihren Betriebsoutput nur dank der Zugabe von antibiotischen Medikamenten aufrechterhalten. Puten zum Beispiel sind teilweise so überzüchtet das eine Haltung ohne Antibiotika gar nicht möglich bzw. nicht wirtschaftlich tragbar ist. Es muss eine gesellschaftliche Veränderung stattfinden. Wenn eine Erkältung anstatt 7 Tage mit Antibiotika, 9 Tage mit Hilfe von Hausmitteln dauert, ist das ein vertretbares Opfer, wenn hierdurch die Gefahr von Antibiotika-Resistenzen verhindert werden kann. Wobei mit Antibiotika auch nicht bei jeder Erkältung einen Besserungseffekt erzielt wird. Uns muss klar sein, dass nur mit vernünftigem und verantwortungsvollem Umgang, Antibiotika auch Morgen noch ein lebensrettendes Medikament sein kann.
Konstantinos Tsilimekis (Teamleiter Welternährung, Landnutzung und Handel bei Germanwatch), Leser